Beim Durchschauen unserer Texte staunten wir nicht schlecht, welche Filmgrößen uns bereits Rede und Antwort standen. Grund genug, für Sie eine Top 10 aus Interviews mit RegisseurInnen zusammenzustellen. Wir wünschen viel Spaß beim durchschauen und hoffen, dass Sie den ein oder anderen Tipp für das Heimkino (wieder-) entdecken.
Top 10: RegisseurInnen im Interview
1) Alexander Kluge über F. W. Murnau
Ich glaube nicht, dass man Murnau auf Todessehnsucht allein festlegen kann. Er ist immer vielstimmig. Murnau arbeitet mit einem »Libellenauge«, mit 1000 Facetten. An jede dieser Facetten, es sind auch hoffnungsvolle, sehnsüchtige, »utopische« dabei, können wir Filmemacher heute neu anknüpfen. Das sind Embryonen neuer Filme, in Murnaus Film vielleicht nur 20 Sekunden lang. So pflanzt sich Filmgeschichte fort.
2) Margarethe von Trotta über »Auf der Suche nach Ingmar Bergman«
Ja, ich hatte ehrlich gesagt lange gezögert, weil ich einfach viel zu große Angst vor dem ganzen Projekt hatte. Ich meine: Hier geht es schließlich um Ingmar Bergman! Den größten aller Meister. Und dazu war er ein Mensch, den ich persönlich sehr verehrt habe. Da hat man natürlich von vornherein große Zweifel, ob man ihm überhaupt gerecht werden kann.
3) Doris Dörrie über »Kirschblüten & Dämonen«
Ich wollte ja nie ein Sequel drehen. Und »Kirschblüten & Dämonen« ist ja auch ein eigenständiger Film. Aber durch die Beschäftigung mit den Geistern bei »Grüße aus Fukushima« hatte ich dann irgendwann tatsächlich diese Idee, dass die Eltern als Gespenster zurückkommen. Jetzt stehen die Kinder im Fokus, Sie haben gewissermaßen einen Perspektivwechsel vollzogen.
4) Sherry Hormann über »Nur eine Frau«
Ich werde oft gefragt, wie ich es mir als Deutschamerikanerin anmaßen kann, einen Film zum Thema kurdisch-türkische Werte zu machen. Deshalb habe ich mich auch vor Beginn der Dreharbeiten beim Paten des Kiezes vorgestellt. Worauf sich folgender Dialog ergab: Er: »Hier läuft doch was falsch, oder?« Ich: »Was soll jetzt falschlaufen?« Er: »Du bist eine Frau und du kommst nicht von uns.« Und ich: »Wo ist das Problem? Ich bin eine Frau und drehe einen Film über eine Frau.«
5) Dominik Graf über »Die Sieger«
Der Film, so wie er jetzt zu sehen ist, ist kein Kompromiss. Ich habe damals aus der Produktions-Situation versucht, das Beste zu machen, habe mich bemüht bei den Dreharbeiten und ich habe nun mit dem Film auch meinen Frieden geschlossen. Eichingers erlahmtes Verleih-Interesse mit der Begründung »das sind ja keine Sieger sondern Verlierer« war typisch Eichinger-ig, und ich habe seinen Satz eher als Kompliment und Ansporn für den Stoff und das Drehbuch empfunden – wenn auch die Ablehnung der Constantin damals natürlich die Finanzierung problematisiert hat.
6) Caroline Link über »Als Hitler das rosa Kaninchen stahl«
Filmisch ging eigentlich alles. Was ich aber besonders liebe, ist das Individuelle, das ganz Besondere. Zum Beispiel jene Szene, wenn die Schweizer Schuljungen die kleine Anna durch das Dorf jagen und sie als Ausdruck ihrer Liebe mit Steinchen bewerfen. Das fand ich großartig. Auf so eine Idee muss man erst mal kommen.
7) Werner Herzog
Und dass meine Filme hier so wenig zu sehen sind? Was soll’s!? Es ist so, wie es ist. Das stört mich nicht. Durch das Internet und die Streamingportale werden sie heute sogar noch mehr gesehen als früher. Und so sind sie auch jederzeit auffindbar. Ich fühle mich körperlich fit und stehe als Filmemacher voll im Saft. Alleine im letzten Jahr habe ich drei Filme gedreht und stand für »Star Wars: The Mandalorian« als Bösewicht vor der Kamera. Ich bin froh, dass sie mich noch nicht im Rollstuhl auf die Bühne schieben müssen.
8) Christian Petzold über »Undine«
Als ich mit 21 als Soziologie- und Germanistikstudent nach Berlin gekommen bin, hieß meine erste Vorlesung »Die Kunst der Epigonen« von Dietmar Kamper. Und der sagte: In der Kunst gibt es immer die Avantgarde, die vorausgeht, und die Epigonen, die die ausgetretenen Pfade entlanggehen und dort noch Dinge finden, die die Avantgarde liegen gelassen hat. Das gilt auch für das Kino: das marschiert nicht vorneweg, sondern guckt, was liegen geblieben ist. Für mich betrachtet Kino die Mythen, die ausgelutscht und vielleicht ausgeträumt sind, noch einmal anders, von einem anderen Standpunkt. Und das hat mich an Undine gereizt.
Hier und hier das komplette Interview
9) Oskar Roehler über »Enfant Terrible«
Die Political Correctness darf sicher nicht der Maßstab sein, um Kunst zu machen. Aber das geht hier sowieso nirgendwo mehr durch. Für mich ist das wie Zensur. Das habe ich bei meinen letzten Filmfiguren erfahren, die sich antifeministisch äußerten oder auf Sexualpraktiken stehen, die eben nicht den Mainstream widerspiegeln, weil sie exzentrischer sind. Ein alter weißer Mann etwa, der sich als Filmfigur sarkastisch oder kontrovers zu der ganzen Scheiße um ihn herum äußert, ist nirgendwo mehr denkbar.
10. Moritz Bleibtreu über »Cortex«
Aber ich liebe nun mal das Kino eines David Lynch oder eines Emir Kusturica, eine Art von Filmemachern, die ich leider so ein bisschen vom Aussterben bedroht sehe. Mich haben schon immer komplexe Geschichten begeistert, die strukturell komplett neue Wege gehen, wie damals »Memento«, der sicher eine Initialzündung für mich war.
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