Zum fünfzigsten Geburtstag blickt das TamS mit einem Bildband in Liebe zurück.
Familienalbum
»In 50 Jahren werden wir 100«, so endet der Bildband zum 50. Geburtstag des TamS – Theater am Sozialamt. Das Sozialamt ist schon lange nicht mehr in der Haimhauser Straße in Altschwabing, das Theater aber existiert immer noch. Und Anette Spola ist immer noch seine Prinzipalin, auch wenn sie es als bisher einzige Betreiberin einer freien Bühne geschafft hat, die Nachfolge zu sichern. Lorenz Seib ist dem TamS schon seit seiner Schulzeit verbunden. Er erlernte beim legendären, leider früh verstorbenen Bühnenbildner Eberhard Kürn (dessen zauberischem Umgang mit der einzigen Cinesmascopebühne der Stadt natürlich eine ausführliche Fotostrecke des Jubiläumsbandes gewidmet ist) die Kunst des Bühnenbaus, des Ton- und Lichteinrichtens, des Herstellens von Requisiten und Kulissen. Nach Wanderjahren fand Seib zurück und leitet nun zusammen mit Spola das Theater. Es geht also weiter, vielleicht sogar noch mal 50 Jahre.
Die Artikel von Petra Hallmayer und Gabriella Lorenz zum 50. Geburtstag des TamS
Welche Bedeutung die Hinterhofbühne mit dem lauschigen Hof in einem ehemaligen Wannen und Brausebad, dessen Röhrensystem man im Foyer bestaunen kann, für die Stadt München hat, machen die liebevollen Beiträge von Weggefährten – Dramatikern, Schauspielern und Journalisten – in vier Kapiteln und ein Vorwort von Gerhard Polt deutlich. Die »Valentinaden« von Spolas Mann Philip Arp prägten die frühen Jahre. Auf Schwarz-Weiß-Fotos sehen einen unglaublich junge Gesichter an, die man irgendwie älter kennt. Als in den Siebzigern die großen Häuser Münchens außer Traditionspflege nicht viel zu bieten hatten, gab es im TamS nicht nur deutsche Erstaufführungen später berühmter Dramatiker zu sehen, sondern auch schon Kooperationen mit freien Gruppen, die neue Theaterformen entwickelten. Der quer denkenden, widerständigen Geisteshaltung der »Valentinaden« sind die Produktionen auch in den Jahrzehnten nach Philip Arps Tod 1987 treu geblieben. In den Neunzigern, als die großen Bühnen den kleinen die Erstaufführungen wegschnappten, ging man ins TamS, um Theater zu sehen, das überrascht und mit Hintergründigkeit fasziniert. Und lange bevor es Mode wurde und Fördergelder magnetisch anzog, wandte sich Anette Spola dem inklusiven Theater zu und kann auf diesem Gebiet in München mit Fug und Recht als Vorreiterin gelten, auch was die Qualität betrifft.
TamS – die Familie im Wandel
Der Bildband versammelt eine enorme Fülle an Szenenfotos, Plakaten, Zeitungsausschnitten und handgeschriebenen Zetteln, aber auch eine alte Badeordnung, Baupläne und Porträts von Stammmitarbeitern. Es ist, als tauche man in das Album einer Familie ein, die sich immer wieder verändert und sich in der stetigen Entwicklung doch treu bleibt. Das kann das TamS auch weiterhin. Seit 2018 steht das Gebäude unter Denkmalschutz und seit 2019 ist das Theater Bestandteil des Baudenkmals. ||
TAMS THEATER E.V. UND ANETTE SPOLA: TAMS THEATER 50
Athena-Verlag, 2020 | 240 Seiten mit zahlreichen Abbildungen
24 Euro
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