Ein halbes Jahrhundert gibt’s das TamS in Schwabing schon: Das Jubiläum wird mit vielen Gästen gefeiert.
Auf (in) die nächsten 50!
Während sich im Lustspielhaus Michi Altinger mit knapp 50 schon vor dem Altwerden fürchtete, wird 100 Meter weiter in Schwabing ein 50. Geburtstag voller Stolz und Elan begangen: Das TamS-Theater in der Haimhauser Straße hat seit 1970 erfolgreich überlebt. Da bauten Philip Arp und Anette Spola ein ehemaliges Brausebad neben dem Sozialamt zum Theater am Sozialamt um. Im Hinterhof pflanzten sie 1972 eine Trauerweide für Karl Valentin, denn sie dachten genauso quer wie er. Nach Arps Tod 1987 führte Spola das TamS alleine, seit sechs Jahren teilt sie die Leitung mit dem Puppenspieler, Regisseur und Schauspieler Lorenz Seib. Der Erfolg ist meist kein finanzieller, denn ein Theaterchen mit 80 Plätzen kann nicht kostendeckend arbeiten. Städtische Förderung hilft, ist aber nie langfristig sicher. Dem TamS ist dennoch das Wunder gelungen, sein eigen- und widerständiges Konzept respektable 50 Jahre zu bewahren.
Zum Jubiläum inszenierten die beiden Leiter »Trotz des großen Erfolgs … eine Revue des Scheiterns«: Der Titel ist Programm. Scheitern, wieder scheitern, besser scheitern, empfahl schon Beckett. Im TamS war Scheitern eher selten, deshalb kann es damit kokettieren und sich immer wieder selbst hinterfragen. Am Ende der Premiere gab’s eine Riesenüberraschung: 54 Menschen drängten sich auf der kleinen Bühne, alle sind hier mal aufgetreten. Und die nächsten zwei Monate werden geprägt sein von den Künstlern, die für das TamS wichtig waren. Aber das sei keine Rückschau, betont Spola, sondern Gastspiele von langjährigen Freunden. Gerhard Polt eröffnet den Reigen am 1. März. Musiker wie die Express Brass Band und das Ogaro Ensemble mit osmanisch-arabischer Volksmusik geben Konzerte, am 13. März spielt der Schweizer Jürg Kienberger eine musikalische Hommage an den Reformator Huldrych Zwingli. Kienberger war im TamS 1991 Partner von Ruedi Häusermann in dessen urkomischer Performance »Baden zusammen«, die seine Karriere begründete: Da planschten beide splitternackt in einer Badewanne auf der Bühne. Häusermann spielt mit seinem Musiktrio am 18. April »Die Ume-Lieder-Kollektion« nach Texten von Daniil Charms. »Mit den Schweizern sind wir gut befreundet und ständig in Kontakt«, erzählt Spola. »Wir fahren auch oft nach Zürich, wenn sie etwas Neues machen.«
Petra Hallmayer über die TamS-Aufführung »Trotz des großen Erfolgs. Eine Revue des Scheiterns«
Um Daniil Charms dreht sich auch die Premiere »Nehmen Sie die Untersuchungs-Pille« des Theaters Apropos, die Burchard Dabinnus inszeniert (1., 3., 4. April). Charlotte von Bomhard feiert im April 100. Geburtstag, sie steuert zwei Abende bei (20., 21. März). Michaela Dietl bringt ihr neues Programm »Tanz der Poesie« heraus. Es gibt weitere Lesungen und Konzerte, zum Abschluss durchforstet Arno Friedrich das Filmarchiv des TamS und wiederverwertet Ausschnitte in der Premiere »Womöglich weltfremd« (9., 10. Mai). Ein gutes halbes Jahr Vorarbeit haben Spola und Seib in das Programm gesteckt. Für Nostalgie blieb keine Zeit, obwohl Seib schon gerne »eine kleine Nostalgie-Sehnsucht« eingebaut hätte. Spola schüttelt den Kopf: »Ein nostalgisches Gefühl ist mir nicht gelungen. Ich hab’ keine Träne im Knopfloch.« Sie schauen nach vorn: Das Sommertheater ab 20. Juni soll das gesamte Hinterhöfchen und die Straße bespielen. Und im Oktober will Seib alle vorhandenen TamS-Requisiten zum Leben erwecken: »Da kommt dann die große Nostalgie«, scherzt Spola. Eigentlich ist es längst überfällig, dass die Stadt das TamS zum München-Kulturerbe erklärt und seine Existenz dauerhaft sichert. ||
WIR SIND TAMS
TamS| Haimhauserstr. 13a | 1. März bis 10. Mai
Programm | Tickets: 089 345890
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