Rund alle vier Jahre macht Ralf Westhoff einen Film, zuletzt die enorm erfolgreiche WG-Komödie »Wir sind die Neuen«. Auch mit dem nunmehr vierten Leinwandwerk bleibt er seinem Lieblingsgenre treu und stellt die uns alle irgendwann einmal umtreibende Frage: »Wie gut ist deine Beziehung?«
Herr Westhoff, warum leben und arbeiten Sie in München und nicht in Berlin, das ja auch als die deutsche Kulturhauptstadt gilt?
Weil ich mich im Süden wohlfühle, Freunde und Familie hier habe und auch gerne in die Berge gehe. Ich finde es schön, Berlin ab und an als Tourist zu besuchen und dabei die Veränderung dieser Stadt wahrzunehmen. Dabei bin ich immer wieder irritiert, was dort alles passiert. Und vielleicht ist es ja auch ganz schön, dieses aufregende Metropolengefühl nur bei dem einen oder anderen Besuch zu erleben.
Ihre Filme spielen meist in der Großstadt. Das trifft auch auf Ihren aktuellen zu, der den Titel
»Wie gut ist deine Beziehung?« trägt.
Allerdings soll das jetzt kein spezieller München-Film sein, ganz im Gegensatz zu »Shoppen«, der ja explizit in dieser Stadt verhaftet war. »Wie gut ist deine Beziehung?« ist universell, der hätte auch in jeder anderen Stadt spielen können.
In Ihrem Film spielen IT-Nerds, hippe Controller-Typen und Yogalehrer eine gewichtige Rolle, Berufszweige, die gerade ziemlich angesagt sind. Hatten Sie keine Bedenken, zu viele Klischees auf einmal zu bedienen?
Mit dem Begriff Klischee bin ich ganz heikel. Denn wenn man seine Definition ernst nimmt, steckt ein richtig harter Vorwurf dahinter, denn Klischee bedeutet: schon Gesehenes, schon Dagewesenes, Kopiertes. Ich dagegen glaube, dass der Film mit einer sehr eigenwilligen Geschichte punktet. All diese Menschen und Dingehaben sichfür mich aus dieser Geschichte heraus ergeben, haben Sinn gemacht und sich zu einem Ganzen verwoben. Harald zum Beispiel wird nur für einen Yogalehrer gehalten und das, obwohl er selbst immer wieder versucht, dieses Missverständnis zu korrigieren.
»Wie gut ist deine Beziehung?« wartet mit einem Happy End auf. Hätte man ihn auch ohne enden lassen können?
Auf keinen Fall. Wenn ein Paar so umeinander kämpft, der Hauptdarsteller sich so sehr bemüht, dann führt das zwingend dazu, dass diese Beziehung auf ein anders Niveau gehoben wird. Deshalb empfinde ich als schlüssig, dass er dafür auch belohnt wird. Und somitwirkt für mich dieses Happy End auch alles andere als hinten drangeklebt.
Sie arbeiten immer wieder gerne mit denselben Darstellern zusammen, hier etwa mit Michael Wittenborn, der schon in »Wir sind die Neuen« mit von der Partie war, oder Julia Koschitz, mit der Sie »Der letzte schöne Herbsttag« drehten.
Ich liebe Schauspieler, das muss ich einfach mal so sagen. Und wenn ein Schauspieler ein Gefühl für Komödie hat, ist das natürlich ein Riesengeschenk. Und Michael Wittenborn war für mich als Harald einfach sonnenklar, darauf habe ich mich richtig gefreut. Man sollte jedoch auch immer wieder mit neuen Menschen arbeiten, wie hier mit Friedrich Mücke oder Sebastian Reiber, der ebenfalls ein unglaublich begabter Komödienschauspieler ist. Das macht besonders viel Spaß, wenn man merkt, dass man gemeinsam an einem Strang zieht.
Ihr Spielfilmdebüt »Shoppen« könnte man für viele Darsteller wie Julia Koschitz oder Katharina Schubert als Sprungbrett für eineweitere Film- und Fernsehkarriere bezeichnen.
Das würde ich mir gerne auf die Fahnen schreiben, so eitel bin ich dann schon. Aber die meisten von ihnen waren damals schon sehretablierte Schauspieler, zum Beispiel am Residenztheater und an den Kammerspielen. Und wenn man dort angekommen ist, dann habe ich die nicht entdeckt. Vielleicht hat man sie nicht so wahrgenommen, weil sienoch nicht so viel gedreht hatten. Tatsächlich war ich der unbekannte Erstlingsregisseur, und die Schauspieler waren es, die mir bei »Shoppen« einen Gefallen getan haben.
Sie arbeiten als Einmannfirma, fungieren stets als Autor, Regisseur und Produzent in Personalunion. Ist es Ihnen wichtig, die Kontrolle über Ihre Werke zu behalten?
Ja, das war mir bis jetzt schon immer wichtig. Ich glaube, man muss einen Film machen, mit dem man selbst zufrieden ist. Dann fällt alles danach leichter. Die Herausbringung wird ohnehin steinig werden, denn man kann sowieso nicht jedem Geschmack gerecht werden, und es wird immer Menschen geben, die damit nichts anfangen können. Wenn man auch sein eigener Produzent ist, bedeutet das die größte Garantie dafür, dass man den Film wirklich so machen kann, wie man es möchte.
Es fällt auf, dass zwischen Ihren Kinoarbeiten rund vier Jahre vergehen – ein vergleichsweise langer Zeitraum …
Also ich kann es nicht schneller. Ich schreibe ja das Buch, ich produziere selber und ich möchte den Film danach auch im Kino begleiten. Darauf freue ich mich jedes Mal, denn wenn ich ihn dem Publikum präsentiere, ist das auch ein Stück weit Belohnung für die Arbeit davor. Dann vergeht wieder ein Jahr, bis man eine neue Geschichte hat, die manfür relevant genug hält, und mindestens weitere eineinhalb Jahre daran schreibt. Und schließlich muss das Ganze finanziert werden. Da dreht man auch gerne mal die eine oder andere Ehrenrunde, bis man das Geld zusammen hat.
Was ist bei »Wie gut ist deine Beziehung?« anders als bei den vorangegangenen Westhoff-Filmen?
Dieses Mal habe ich einen für meine Verhältnisse deutlicheren Humor, die Leute rangeln miteinander, da werden Bierflaschen geworfen, jemand stürzt vom Laufband … Aber letztlich wollte ich natürlich einen relevanten Film erzählen, der etwas zu sagen hat. Das ist mir ganz wichtig, denn bei der Komödie wird man ja per se schon mal als Leichtgewicht abgestempelt.
Gilt es nicht als höchste Kunst, das Publikum zum Lachen bringen zu können?
Absolut, ich liebe Komödien, ich guck sie gerne, ich finde sie für meine Verhältnisse viel zu selten im Kino. Deswegen ist mein neuer Film genauso einer, den ich selbst gerne gesehen hätte. Ich bin einfach ein Komödientyp.||
WIE GUT IST DEINE BEZIEHUNG?
Deutschland 2019 | Regie: Ralf Westhoff
Mit: Julia Koschitz, Friedrich Mücke, Bastian Reiber | Kinostart: 28. Februar
Trailer
Das könnte Sie auch interessieren:
Vortex: Der neue Film von Gaspar Noé
Massive Talent: Das Phänomen Nicolas Cage
The Banshees of Inisherin: Jetzt im Kino!
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton