Das musikalische Nachtleben ist reif für ungewohnte Klänge. Und so landet Klassik in der Roten Sonne.
Klassik in Clubs, Hochkultur im Nightlife. Das klingt wie die Forderung der bildenden Künstlerin Jenny Holzer, die Kunst aus ihren Tempeln, den sogenannten »white cubes«, zu befreien, um sie auch denen näherzubringen, die die heiligen Hallen der Hochkultur meiden. Doch dank zahlreicher Klassikkonzerte in der Bar Gabanyi, in der Milla oder im Harry Klein scheint eine solche Forderung in München musikalisch bereits in einigen Fällen eingelöst zu werden, was im Übrigen auch Abonnenten jener »white cubes« eine wohltuende Alternative zu den angestammten Hör- und Wahrnehmungsgewohnheiten bietet.
Zwar spricht nichts dagegen, der Musik im Zuschauerraum andächtig und ohne einen Drink in der Hand zu lauschen. Doch nicht minder andächtig gelingt der Hörgenuss, wenn in der Bar Gabanyi zum Vortrag einer
Kammermusik auch ein guter Whisky gereicht wird. Oder wenn Musikinteressierte während des New Chamber Music Festivals in der Milla Bier trinken.
Spannenderweise verändert der Ortswechsel nicht nur wie beabsichtigt das Publikum. Nach dem Motto: Wenn Popfans nicht den Schritt in unsere Philharmonien wagen, überzeugen wir sie andernorts. Schaut man zum
Beispiel, welches Programm die Musiker der Münchner Philharmoniker und des Münchner Kammerorchesters (MKO) auf ihrem nächsten gemeinsamen BMW Clubkonzert in der Roten Sonne spielen, entsteht schnell der Eindruck, als fände mit dem Ortswechsel auch inhaltlich eine neue Verortung der Musik statt. Das einzige Bläserquintett des schwedischen Komponisten Carl Nielsen trifft hier auf Ligetis »Sechs Bagatellen für Bläserquintett«. Letztere adaptieren vorausgegangene Bagatellen fürs Klavier, bei denen Ligeti noch von
Bartok beeinflusst war. Die Möglichkeiten der Bläser, ein und denselben Ton auf verschiedenen Instrumenten zu spielen, gewinnt den einstigen Klavierkompositionen prächtigere Klangfarben ab. Oder ein Streichtrio der Grande Dame der zeitgenössischen Musik, Sofia Gubaidulina, trifft auf ein Frühwerk Beethovens, mit dem dieser quasi aus Mozarts Schatten hervortrat, das »Streichtrio in c-moll, op. 9«. Weil bei einer derart intimen Besetzung jedes Instrument jederzeit in jeder Nuance wahrgenommen wird, verlangt sein Vortrag erfahrene Musiker wie die der Philharmoniker oder des MKO. Die Clubatmosphäre in der Roten Sonne kann da eine zusätzliche Herausforderung sein, die dann aber mit einem umso intensiveren Konzerterlebnis entlohnt wird. ||
BMW CLUBKONZERTE
Rote Sonne| Maximiliansplatz 6 | 26. Januar
20.30 Uhr | Tickets: 089 548181400
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