Die Isländerin Erna Ómarsdóttir choreografiert für das Gärtnerplatz-Tanzensemble den Klassiker »Romeo und Julia«.

Bei den Proben zu »Romeo und Julia« © Marie-Laure Briane

»Romeo und Julia« ist eine Herausforderung. Weniger wegen der Musik, denn Sergei Prokofjew folgte der Handlung Shakespeares, als er 1935 seine Ballettmusik schrieb, ein langes, dichtes, zwischen zarten Julia-Themen und Dissonanzen der Gewalt reich instrumentiertes und rhythmisch komplexes Werk. Nach der Uraufführung 1938 in Brünn hatte Leonid Lawrowski 1948 Prokofjews veränderte Fassung höchst erfolgreich beim Kirow-Ballett choreografiert. Sondern eher, weil sich schon die größten Choreografen davon zu eigenen Schöpfungen herausfordern ließen: Tatjana Gsovsky, Frederick Ashton, Serge Lifar, Kenneth MacMillan, John Neumeier, Rudolf Nurejew, Heinz Spoerli und Angelin Preljocai. Und John Cranko natürlich. Nun Erna Ómarsdóttir.

Schon während der logistisch schwierigen Umbau-Phase mit Ausweichquartieren hat sich das Gärtnerplatztheater als Uraufführungshaus ausgezeichnet. Das gilt auch für den Tanz, wo Ballettchef Karl Alfred Schreiner selbst choreografiert und diverse Kollegen ans Haus geholt hat, zuletzt Marco Goecke mit »La Strada«. Speziell das spontan-kreative Serienformat »Minutemade« mit nur fünf Tagen Probenzeit für die Gastchoreografen hat etablierte Namen und interessanten Nachwuchs mit dem Ensemble in Arbeitsbeziehungen gebracht. 2015 hatte hier, in einer Kooperation mit dem Festival Dance, Erna Ómarsdóttir mitgemacht. Jetzt arbeitet sie an der Premiere ihres neuen Klassikers.

Bevor sich Ómarsdóttir auf eigene Kreationen konzentrierte, mit Les Ballet C de la B arbeitete, mit dem Tänzer Damien Jalet, in einer Death-Metal-Band oder für ein Video mit Björk, hatte sie bei Jan Fabre, Ann Teresa de Keersmaker und Sidi Larbi Cherkoui getanzt. Sie schuf ein hexenhaftes Frauenstück »Teach us to outgrow our madness« und ließ sich von Horrorfilmen zu »We saw monsters« inspirieren, das 2012 in München gastierte. In »Romeo und Julia« geht es ihr, so lässt sich die seltsame »Altersempfehlung ab 17 Jahren« interpretieren, nicht primär um zarte Liebe, sondern um explizite Gewalt. Probenfotos zeigen, dass wohl auch kräftig schreien geübt wurde. Ómarsdóttir hat bisher mit ihrem Hang zu sexueller Symbolik, Drastik der Körper- und Bildsprache und wundersamen Verbindungen zwischen den Welten immer fasziniert. Kein Adelsstreit ist also zu erwarten, sondern echter Geschlechterkampf.||

ROMEO UND JULIA
Staatstheater am Gärtnerplatz| Premiere: 22. November, 19.30 Uhr | weitere Vorstellungen: 25. Nov., 9./8./26. Dez., 6./12./16./14. Jan., 4. Feb.| jew. 18 oder 19.30 Uhr
Tickets: 089 2185 1960

 


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