Filmfestleiter Matthias Helwig hat das 12. Fünf Seen Filmfestival einer Frischzellenkur unterzogen: neuer Termin, Fokus auf Mitteleuropa, noch mehr Fachgespräche und erstmals ein Motto: »Zeit«. Dazu viel Altbewährtes und mit Sepp Bierbichler einen kantigen, wuchtigen Ehrengast direkt aus der Region.
2018 ist ein ereignisreiches Jahr für Kinobetreiber Matthias Helwig. Es begann mit einem Negativerlebnis: Im April musste nach 19 Jahren, 20 000 Vorstellungen und 4 000 Filmen sein geliebtes Breitwand-Kino in Herrsching für immer seine Pforten schließen – der Vermieter hatte Eigenbedarf angemeldet. Aber nun folgt das 12. Internationale Fünf Seen Filmfestival (fsff), für die Region zwischen Ammer- und Starnberger See sicherlich der cineastische Höhepunkt des Jahres. Schon der Termin – 6. bis 15. September anstatt bisher im Juli/August – deutet an, dass das Filmfest heuer weitreichenden Veränderungen unterzogen wurde.
Die Verlagerung in den Spätsommer hat vor allem zwei Gründe. Zum einen erhofft sich Filmfestdirektor Helwig dank gemäßigter Temperaturen im September vor allem für die Veranstaltungen mit Ehrengästen und die Wettbewerbsfilme mehr Zuschauerzuspruch. Zum anderen »verlangen gerade diese Festivalfilme eine überörtliche Aufmerksamkeit, die besser wahrgenommen werden kann, wenn sie genau zwischen den beiden großen bayerischen Festivals in München und Hof platziert sind.« Neu ist auch, dass das fsff den Fokus ganz bewusst auf den mitteleuropäischen Film legt, wobei hier ja in den vergangenen Jahren mit Werken aus Deutschland, Österreich und der Schweiz schon die Richtung vorgegeben wurde. Und zu guter Letzt hat sich Helwig dazu entschlossen, sein Filmfestival erstmals unter ein bestimmtes Motto, 2018 ist es »Zeit«, zu stellen. Dazu der fsffLeiter: »Zeit ist in unserer schnelllebigen Gesellschaft ein großes Thema. Die Zeit, die uns fehlt, die Zeit, die wir brauchen, die Zeit, die wir haben. Zeit, die sich dehnt, und Zeit, die sich auf einen Moment verkürzt. Dies alles wird im Film abgebildet.« Passend dazu wird es mehrere Veranstaltungen zu diesem Motto geben, etwa eine Podiumsdiskussion mit dem Titel »Die Zeiten ändern sich«, die sich mit der Zukunft des Kinos auseinandersetzt, oder das Filmgespräch am See, das sich um »Verfilmte Zeit« dreht.
Höchst interessant dürfte auch ein weiteres Filmgespräch werden. Darin wird die renommierte Schnittmeisterin Bettina Böhler über den »Rhythmus als Herzschlag des Films« räsonieren. Böhler, die unter anderem für Regisseure wie Christian Petzold, Margarethe von Trotta oder Oskar Roehler gearbeitet hat, ist beim zwölften fsff ebenso Ehrengast wie Josef Bierbichler. Der vom Starnberger See stammende Schauspieler hat auf dem Filmfest quasi ein Heimspiel. Er wird nicht nur seine Werke zeigen, sondern auch aus seinem autobiografischen Roman »Mittelreich« lesen und dessen von ihm selbst realisierte Leinwandadaption »Zwei Herren im Anzug« vorstellen. Helwig kann die Begeisterung über seinen diesjährigen Ehrengast nicht verhehlen: »Dass sich Sepp Bierbichler bereit erklärt hat, auf dem Fünf Seen Filmfestival seine Werke vorzustellen, ist eine große Ehre für mich. Wenn ich ihn sehe, spüre ich – und vielleicht auch andere – sofort seine Aura, seine Präsenz und vor allem seine Authentizität.«
Insgesamt werden wie 2017 etwa 20 000 Besucher erwartet, die rund 150 Filme in mehr als 300 Vorstellungen auf 15 Leinwänden in den Spielstätten Starnberg, Gauting, Schloss Seefeld und Weßling zu sehen bekommen. Trotz zahlreicher Innovationen darf sich das filmbegeisterte Publikum im Süden von München aber auch auf Traditionelles und Altbewährtes freuen. So wird es auch weiterhin die beiden Open Airs in Starnberg (im Seebad vom 26. Juli bis zum 5. August) und Wörthsee (im Augustiner am See vom 7. bis zum 15. August) geben. Natürlich wird auch wieder die legendäre Dampferfahrt auf dem Starnberger See stattfinden. Sie steht für den 11. September auf dem Programm und präsentiert heuer als besonderes Schmankerl einen Stummfilm mit Livemusik. Und schließlich punktet das Fünf Seen Filmfestival einmal mehr mit seiner familiären Atmosphäre, den vielen tiefschürfenden Fachgesprächen und dem wunderbaren Ambiente der Voralpenlandschaft. ||
FÜNF SEEN FILMFESTIVAL
6.–15. September
Programm
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