Seit Jahrzehnten skizziert Franz Xaver Bogner in seinen Werken liebevoll und mit viel Humor Menschen aus seiner Heimat. Das ist auch bei »München Grill« nicht anders. Der Erfinder der Kultserie »Irgendwie und Sowieso« über sein neues Format, digitalen Wahn und Ferraris im Halteverbot.
Grüß Gott, Herr Bogner. Am 20. April läuft Ihre neue Serie »München Grill« im Bayerischen Fernsehen an zur besten Sendezeit am Freitag. Davor hatten Sie das Format »Moni’s Grill« gemacht. Warum ging es damit nicht weiter?
Wir haben aus mancherlei Gründen damit aufgehört. Zum einen stand uns Monika Gruber wegen eines ganzen Pakets an Terminen nicht mehr zur Verfügung. Damit fiel im Grunde genommen der Teil Moni weg. Zum anderen kamen nicht alle mit der Vermengung aus Seriellem und Interviewsituation zurecht. Das hatten wir da zum ersten Mal ausprobiert. Wir haben also nicht wegen Erfolglosigkeit aufgehört. Denn wir konnten die Quote an diesem Donnerstagsplatz in der ARD sogar steigern.
Was haben Sie an dem Nachfolge-Format nun geändert?
»München Grill« ist jetzt wieder mehr Serie, aber die Prominenten, die darin auftreten, sollen grundsätzlich sie selber bleiben. Ich denke, das ist ein etwas weicheres Experiment als das vorherige, eine gewisse Form der Annäherung. Und ich hoffe, dass das Publikum versteht, dass diese Promis in die Handlung integriert sind.
In den ersten Folgen darf man sich auf Gastauftritte von Christian Springer, Andreas Giebel, Uschi Glas und Marianne Sägebrecht freuen. Wie haben Sie ihre Szenen entwickelt?
Ich habe ihnen ein grobes Konzept vorgegeben. Mit dieser Vorgabe hat jeder seine eigenen Texte geschrieben. Danach haben wir alles noch einmal gemeinsam überarbeitet, und dann war es gut und extrem lustig. Denn wenn man mit Kabarettisten dreht, ist es immer eine saubere Gaudi, weil sie hervorragend improvisieren und sehr schnell und spontan auf bestimmte Situationen reagieren können.
Apropos Kabarettist(in): Christine Eixenberger, die die junge Wirtin Fanny spielt, kommt ja auch von der Bühne. War es nicht gewagt, ihr so eine wichtige Rolle zu übertragen?
Ich finde, dass sie bei mir schauspielerisch ziemlich gut unterwegs ist. Und wir haben auch sehr darauf geachtet, dass die Kabarett-Ausflüchte so gut wie nicht vorkommen. Also man merkt ganz klar, dass sie eine Rolle spielt, und das ist toll so.
Gleich in der ersten Folge geht es um Computerkriminalität, um Hacker, geheime Daten, das volle Onlineprogramm. Haben Sie sich dafür Hilfe von einem »digital Native« geholt?
Nein, das ist alles von mir selbst geschrieben und recherchiert. Ich bin ja einigermaßen angepasst. Aber vor ein paar Jahren gab es einmal eine Phase, in der ich aus mehreren Gründen kein Handy hatte. Und das hat sich bis in die heutige Zeit herübergerettet. Ich werde ganz wenig angerufen. Denn die meisten Leute haben das bei sich immer noch so abgespeichert, dass ich kein Telefon besitze.
Und wie nehmen die Leute Kontakt zu Ihnen auf?
Ja schon auch übers Handy. Aber dass man als Familienvater auf den Tisch hauen und sagen muss: »Beim Essen wird nicht telefoniert«, diesen ganzen Schmarrn hatte ich nie. Und das ist eine sehr angenehme Situation. Ich finde sowieso, dass es das Hirn aushöhlt, weil alles benutzbar, brauchbar, handhabbar wird. Und die Leute nützen das ja aus, dass sie dich wegen einem jeden Scheißdreck anrufen. Das muss man einfach nicht mitmachen.
Vor ein paar Wochen lief im Fernsehen ein Tribut an Ottfried Fischer, ein Name, der auf ewig mit einem Ihrer größten Erfolge »Irgendwie und Sowieso« verbunden bleiben wird. Warum ist diese Serie immer noch so präsent?
Derjenige, der das am wenigsten beantworten und nur bewundern kann, bin ich selbst. Vielleicht ist es diese sanfte, letzten Endes lebbare Form von Anarchie. Denn der wirkliche Anarchist haut doch am Schluss alles zusammen. Ich bin natürlich immer wieder mal gefragt worden, ob man das fortsetzen kann. Und ich habe immer gesagt: Das kann man natürlich nicht fortsetzen. Das ist ja ganz logisch, man kann nicht etwas wiederholen, was schon einmal war, das funktioniert nicht. Das einzige, was mich interessieren würde, wäre: Was passiert, wenn man solche Charaktere, die sich im weitesten Sinne nix gefallen lassen, in die heutige Zeit reinstellen würde?
Bei so einem Projekt wäre der BR doch sicher dabei. Wie gefällt Ihnen eigentlich die Rolle des Haus- und Hofregisseurs?
Ich war ja nie fest dort, habe aber immer für den BR gearbeitet. Und in den meisten Fällen war es so, dass das, was ich gemacht habe, auf Entgegenkommen gestoßen ist. Dadurch ist eine bestimmte Kontinuität entstanden, mit der es sich gut arbeiten lässt und die natürlich auch für das gut ist, woran du arbeitest.
Das heißt, die viel zitierte künstlerische Freiheit lag stets bei Ihnen?
Ja, absolut. Das war auch jetzt bei »München Grill« so. Wir haben vom Sender keinerlei Vorgaben gehabt, auch keine Reinrede, was die Gäste anging. Natürlich lief das alles in engstem Kontakt mit den Redakteuren ab, mit Menschen, die ich seit 20 Jahren kenne. Da ergeben sich schon allein aus dem Gespräch heraus die Grenzen von bestimmten Dingen. Und schließlich wollte ich ja nichts Revolutionäres auf die Beine stellen,
sondern eben jene Mischform aus dem Seriellen und Unterhaltung.
Es gibt ja Leute, die haben immer die Großkopferten, die Schickeria, die Schönen und Reichen ins Zentrum ihrer Serien gestellt. Das haben Sie nie gemacht. Warum?
Weil es mich einfach nicht interessiert hat. Ich finde diese Leute per se sehr vordergründig und flach, das ist absolut uninteressant, in Reih und Glied vor dem H’ugo’s abzuhängen und es dabei toll zu finden, mit dem Ferrari im Halteverbot zu stehen. Da musst du schon weit herunten sein, wenn du über so was
lachen kannst. Ich fand es auch erstaunlich, wie lange sich der Helmut Dietl, den ich sehr bewundere und bewundert habe, mit dem Milieu abgegeben hat.
Der dauerhafte Erfolg hat ihm da wohl recht gegeben. Oder etwa nicht?
Beim Zahnarzt zu sitzen und zu schauen, in welchem Zustand sich momentan Frau Ferres befindet, das bedient auch einen bestimmten Neugier-Effekt, oder eben einen Neid-Effekt, weil man nicht dazugehört zu dieser Gesellschaft. Wobei wir ja alle wissen: Dieses Schickimicki in München, das ist ja alles erschrieben, das gibt es ja nicht wirklich.
Herr Bogner, wir müssen noch Ihr künstlerisches Erbe regeln. Sie gehen schließlich stramm auf die 70 zu, Zeit einen Nachfolger, der ihnen das Wasser reichen kann, zu bestimmen. Wie wäre es mit Marcus H. Rosenmüller?
Ja, der hat ein paar wirklich gute Sachen gemacht. Etwas, was nur jemand machen kann, der im besten Sinne geerdet ist. Bei »Wer früher stirbt ist länger tot« ist es einfach so, dass man das Gefühl hat, dass er jeden Grashalm kennt, auf dem er gedreht hat. Und ich wünsche ihm, dass er das beibehält. ||
MÜNCHEN GRILL
Deutschland 2018 | Regie: Franz Xaver Bogner
Mit: Christine Eixenberger, Christine Neubauer, Sarah Camp | ab 20. April immer freitags um 20.15 Uhr im Bayerischen Fernsehen
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