Zwei freie Augsburger Theater präsentieren sehenswerte Beiträge zum Brechtfestival
Das Augsburger Theter Ensemble ist als Guerilla-Performance-Truppe vor gut zehn Jahren aus dem Jugendclub des Theaters Augsburg hervorgegangen. Und seitdem ist es Leiter Leif Eric Young und seinen Mitstreitern gelungen, die Grenzen zwischen Club- und Hochkultur nachhaltig zu verflüssigen. Eine Leistung, die 2016 gekrönt wurde mit der Einrichtung einer festen Spiel- und Probestätte, bezeichnenderweise in einem der beliebtesten Clubs der Stadt.
Dass die »Theter« sich nun auch den »Fatzer«“ vorgenommen haben – wenige Tage nach der (missglückten) Premiere des Theaters Augsburg – ist ein besonderes Highlight des Festivalprogramms. Und wie es sich gehört, gewinnt der Underdog haushoch. Gespielt wird »Fatzernation« auf der Tanzfläche, die vier jungen Laiendarsteller (Lieselotte Fischer, Larissa Pfau, Jonas Graber, Sabah Zora) wechseln munter die Rollen und bewältigen ein erstaunliches Textvolumen mit einer ausgetüftelten Choreografie auf kleinstem Raum. Durch den sparsamen und klugen Requisiteneinsatz richten sie den Fokus umso mehr auf den Brecht-Text.
Natürlich wird’s auch hier bisweilen pathetisch, doch die Intensität des Bühnengeschehens überzeugt immer mit ihrer Dringlichkeit, und sei es nur die einer hitzigen Diskussion zwischen Partygängern. Diese unbekümmerte und sehr authentische Herangehensweise an das Fragment von Bertolt Brecht wird getragen von einer spürbar erlesenen und erarbeiteten Begeisterung für Thema und Text, von der man sich als Zuschauer gerne anstecken lässt.
Parodie eines Finanzwesterns
Den gewagtesten Ritt auf der Klinge wagt allerdings das Sensemble Theater mit »Der kalte Hauch des Geldes« von Alexander Eisenach, ein Stück mit ähnlichen Schwerpunkten wie »Fatzer«: Individuum und Gruppe als moribunde Streiter gegen das sirenenhafte Kapital, die Machtlosigkeit der Politik und die Unzulänglichkeit des Menschen. Die »Parodie eines Finanzwesterns« (»Die Zeit«), entstanden zu Zeiten der Bankenkrise und uraufgeführt 2016 in Frankfurt, passt wie die Faust aufs Auge des Brechtfestivals. Wie verkaufe ich den Goldrausch, wenn das Gold alle ist? Fragen Sie doch mal Ihren Bankberater, der wird Ihnen den Derivathandel so leicht verständlich sicher nicht erklären, wie Eisenach es tut. Praktischerweise schmückt das Programmheft eine große Anzeige der örtlichen Sparkasse.
Die Geburtsstunde des »ungedeckten Handels mit der Zukunft« in eine Wildweststadt namens El Plata (statt La Plata – das Silber) zu verlegen, bietet zahlreiche sinnhafte Anknüpfungspunkte und ein Füllhorn an launigen Zitaten, aber auch viele Fallen, aus denen sich Autor und Inszenierung nicht immer unbeschadet retten können. Es staubt wortwörtlich viel auf der Bühne und hätte gerne mehr knallen dürfen. Sätze, die wie Kugeln abgefeuert gehören, bleiben oft Platzpatronen in einem streckenweise redundanten Text, der durch die komödiantische Umsetzung nicht wirklich an Dynamik gewinnt.
Das aufwendige und liebevolle Bühnenbild mit seinem hinterfotzig offensichtlichen Sandkastenspiel zum Finale, die Musik von Rainer von Vielen und die tapferen Darsteller (Daniela Nehring, Birgit Linner, Sarah Hieber, Florian Fisch, Jörg Schur) machen den kalten Hauch in den besseren Momenten jedoch zu einer durchaus unterhaltsamen Durststrecke – mit Hilmar Kopper als Proviantmeister. Der Rookie unter den Festivalbeiträgen hat sein Potenzial noch nicht ausgeschöpft und passenderweise die längste Laufzeit.
»Fatzernation« | City Club | Augsburg, Konrad-Adenauer-Allee 9 | 3. März | 20.30 Uhr
»Der kalte Hauch des Geldes« | Sensemble Theater | Augsburg, Bergmühlstr. 34 | 9., 10. (ausverkauft), 16., 17. März, 13., 14. April, 11., 12., 18., 19. Mai | 20.30 Uhr
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