Alen Bottainis und Monica Merlos Tanzschule BMICA und die Posterino Dance Company pflegen in München klassischen Tanz und zeitgenössisches Ballett.
Eine Ballettgala! Leisten können sich einen solchen vorwiegend starbesetzten Reigen in der Regel nur gut subventionierte Staats- und Stadttheater-Ensembles. Was Alen Bottaini nicht schreckt. Man erinnert sich: Staatsballett-Gründerin Konstanze Vernon entdeckte den kraftgeladenen jungen Italiener 1993. Unter ihrem Nachfolger Ivan Liška tanzte er als umjubelter Erster Solist bis 2010 das gesamte Repertoire. Jetzt ist er selber Chef: Seit 2014 leitet er zusammen mit der ehemaligen Gärtnerplatztheater-Tänzerin Monica Merlo die private Münchner Tanzausbildungsstätte BMICA (für: Bottaini Merlo International Centre of Arts) in der Sonnenstraße. Mit Unterricht für die Jungen, offenen Klassen für Erwachsene und einem Programm für professionellen Bühnentanz. Ende Januar präsentierte das Leitungsduo im Kultur- und Bildungszentrum von Unterhaching, kurz: Kubiz, zum dritten Mal die fortgeschrittenen Studenten, geschickt umrahmt von Profigästen. Ein schönes Angebot an interessiertes Publikum, zugleich Inspiration und professioneller Schnupperkurs für den Tanznachwuchs – nebenbei auch die beste Werbung für das Ausbildungscenter.
Der Abend war wohltuend ausgewogen zwischen Klassik und Moderne, gleichermaßen zwischen den Auftritten der Studenten und der Gastprofis. Alejandro Virelles vom Bayerischen Staatsballett und drei Solistenpaare – vom portugiesischen National Ballett, vom San Carlo Theater Neapel und vom Dresdener Semperoper Ballett – sah man in Pas de deux aus den Petipa-Klassikern »Nussknacker«, »Le Corsaire« und »Diana und Acteon«. Wegen Verletzung seiner Partnerin gleich zu Beginn in einem modernen, heftig akrobatischen Geschlechterkampf, bot Alessandro Staiano als pfeil-eleganter Acteon immerhin die Männervariation. Man staunt, wie Bottaini für seine »kleine« Gala Solisten gewinnt, die auch im Münchner Nationaltheater gute Figur machen würden. »Ich habe einige Jahre weltweit gastiert«, gibt Bottaini die Erklärung, »und bin mit den Kollegen und Choreografen aus dieser Zeit, die heute große Ensembles und Theater leiten, noch in enger Verbindung.«
Klassik ist immer erhebend. Dennoch wirkten – zumindest auf dieser kleinen, schlichten Kubiz-Bühne – die drei modernzeitgenössischen Paarbeziehungen stimmiger. Besonders ausdrucksstark: Filipa de Castro mit ihrem Kollegen Carlos Pinillos in dem dramatisch gelungenen und physisch kraftvoll ausgetanzten »Lento for String Quartet« von Vasco Wellenkamp zu Musik von Anton Webern. Mitreißend: Gareth Haw und Alice Mariani in William Forsythes weltberühmtem, riskant spannend aus der Balance kippendem, viril-neoklassischem »In the middle, somewhat elevated« von 1987. Es braucht eine Bottaini-Gala, um hierorts fortgeschriebene Neoklassik und zeitgenössisches Ballett zu erleben. Denn bekanntlich ist Münchens Staatsballettchef Igor Zelensky in puncto Moderne mehr als zurückhaltend.
Die BMICA-Studenten tanzten auf sicherer Spitze und anmutig bis in die ports de tête und épaulements August Bournonvilles »La Sylphide« und – mit dem in kubanischer Schule glänzend geformten Alejandro Virelles als Partner – Petipas »Paquita«. Aber sie bewiesen sich auch in den von BMICA-Hauschoreograf Gaetano Posterino für sie maßgeschneiderten neoklassisch-modernen Stücken. »Bach for One« modelliert der langgliedrige Fabio Sonzogni – ab jetzt in die Posterino Dance Company engagiert – zu einem klaren skulpturalen Solo. »Breathing Spaces« für acht Mädchen (auf Youtube zu finden) entwickelt sich auf einem sanft perkussiven orientalischen Klangstrom zu einem fast meditativ in den Raum hinein atmenden Kontinuum weicher neoklassischer Bewegungen, in die sehr dezent Elemente aus klassischem indischen Tanz eingewebt sind.
Der Italiener Posterino hat schon während und intensiv nach seiner Tänzerkarriere choreografiert: bis heute an die 50 Stücke für seine eigene Company, für diverse freie Gruppen und für Ballettensembles an etablierten Häusern wie dem Theater Augsburg und dem Hessischen Staatstheater, wo er auch noch tanzte. Für Posterino, seit 2015 Wahlmünchner, war der Start hier etwas mühsam, vor allem da er mit seinem fertigen neoklassisch-modernen Stil eher den Anforderungen eines festen Hauses entspricht. Städtische Förderung jedoch, die er gebrauchen könnte, fließt prinzipiell nur der freien zeitgenössischen Szene zu. Aber mit seiner Devise »nicht aufgeben« stellen sich nun doch Erfolge ein. Dank einer Förderung der Kulturstiftung des Bundes, welche Tanz auch in mittleren und kleinen Städten ermöglichen will, wird seine Company 2018/19 mit Aufführungen und Workshops in der baden-württembergischen Stadt Aalen aktiv sein. Außerdem gastiert Posterino mit seinem 2017 im Münchner HochX gezeigten Abend »Through Pina’s Eyes« und »Love me if you can« im Februar und März im Theater an der Rott Eggenfelden. Er choreografierte für das Tanzfilmprojekt »Chronos« des Fernsehregisseurs Frank Bäumer in einer bildmächtigen Salzmine. Gleichfalls für den Tanzfilm-Spot »Entfremdung« von Naira Cavero, der letztes Jahr mit einem Filmpreis der Bayerischen Staatsregierung ausgezeichnet wurde.
Nicht unwesentlich ist für Posterino die Kooperation mit Bottaini und seinen Mitarbeitern, zu denen vorrangig Lisa-Maree Cullum zählt. Cullum, in bester Erinnerung als langjährige, technisch vollendete und charismatische StaatsballettPrimaballerina, ab 2016 die rechte Hand ihres einstigen Kollegen und Ballettpartners Bottaini, steht nebenbei Posterino als choreografische Assistentin zur Seite. Da wächst ein starkes Team zusammen, unterstützt von einem kompetenten engagierten Pädagogenstab. Das BMICA hat zwar nicht die Mittel der Ballettakademie der staatlichen Münchner Musikhochschule, scheint sich jedoch allmählich zu einer Konkurrenz zu entwickeln – was für die Münchner Ballettszene ganz allgemein nur fruchtbar sein kann. Man freut sich schon auf die nächste Gala. ||
BOTTAINI MERLO INTERNATIONAL CENTRE OF ARTS
POSTERINO & COMPANY
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