Martin McDonagh gelingt mit »Three Billboards Outside Ebbing, Missouri« ein politisch herrlich unkorrekter Südstaaten-Thriller.
»Im Sterben liegend vergewaltigt« – »Aber immer noch keine Festnahmen?« – »Wie kann das sein, Chief Willoughby?« Ziemlicher Gegenwind weht dem Polizeichef von Ebbing, Missouri, entgegen. Die Schlagzeilen zieren die drei titelgebenden Plakatwände anderZufahrtsstraße zu dem kleinen Ort, Schwarz auf Neonpink. Aufgestellt hat sie Mildred Hayes. Deren Tochter Angela wurde ermordet,der Täter nie gefasst. Mildred will, dass diePolizei dem Fall weiter nachgeht, und stur, wie sie ist, lässt sie das die ganze Stadt wissen. Darauf könnte nun ein erbittertes Gerechtigkeitsdrama folgen. In gewisser Weise passiert das auch, doch hat der britische Regisseur Martin McDonagh bereits mit den schwarzen Komödien »Brügge sehen … und sterben?« und »7 Psychos« gezeigt, dass er Genrestandards gerne mit einem tragikomischen Grundton versieht. »Three Billboards Outside Ebbing, Missouri« ist eine Neowesternkomödie in Moll, wenn man so will, und deshalb zettelt Mildred einen aberwitzigen Krieg an.
Frances McDormand spielt sie als dickköpfige Frau, die es verbal mit allen derb daherredenden Männern aufnehmen kann und deren Pragmatismus entwaffnend und kämpferisch zugleich ist. Müssten all ihre Flüche zensiert werden, einige Szenen wären reinste Pieps-Arien. Zorn und Verzweiflung treiben Mildredan, doch ihre Aktionen sind immer nur Reaktionen auf andere und deren oft scheiternde Bewältigungsstrategien. Auf den Pfarrer, der sie davon überzeugen will, die Billboards abzuhängen, weil die Erinnerung der Gemeinde unangenehm sei. Auf den untätigen Chief Willoughby, der eine Paraderolle für den immer sarkastisch verschmitzt dreinlächelnden Woody Harrelson ist. Er scheint Mildred zu verstehen, muss aber trotzdem die Dienstvorschriften einhalten. Aber vor allem auf den Polizisten Dixon, der ein etwas dümmlicher Alkoholiker, Rassist und Muttersöhnchen ist und zu Gewaltausbrüchen neigt. Sam Rockwell macht aus ihm einen opportunistischen Redneck, der schier nach Ärger lechzt. Er bringt Mildred dazu, ihren taffen Worten auch immer drastischere Taten folgen zu lassen.
In diesem Kreuzfeuer aus politisch Unkorrektem und erbitterter Rache entspinnt Martin McDonagh ein ganzes Reiz-Reaktions-Netzwerk, das sich schnell verselbstständigt und bis zum letzten Showdown hochschaukelt. Den Wortduellen setzt Carter Burwell seinem Southern-Gothic-Soundtrack aus Mariachigitarren und Townes Van Zandts melancholischem Folk entgegen, der die saloppen Sprüche immer erdet und die unterschwellige Trauer hinter der Fassade aus Sarkasmus hindurchschimmern lässt. Es ist nicht nur Mildreds Kampf um ihr Recht, sondern auch ein Kampf gegen patriarchale Strukturen, denn sie steht beinahe als einzige Frau gegen das System aus den Status quo sichernden Männern. Dabei greift sie auf deren schmutzige Methoden zurück und versetzt das Publikum in ungläubige Schadenfreude. Manch einer mag sich dabei ertappen, Mildreds Anwandlungen von Selbstjustiz zu beklatschen. Menschen sind mehr als die Summe ihrer Sünden, und so reißt McDonaghdas Ruder in solchen Momenten immer wieder herum und stellt mit geschickten Finten die Fallstricke des Systems aus. »Fast hineingetappt, nicht wahr?«, scheint er mit einem Augenzwinkern zu rufen. ||
THREE BILLBOARDS OUTSIDE EBBING, MISSOURI
USA 2017 | Regie: Martin McDonagh | Mit: Frances McDormand, Woody Harrelson, Sam
Rockwell | 116 Minuten | Kinostart: 25. Januar
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