Amerika mag Kuba gerade nicht mehr. Der Pianist Harold López-Nussa aus Havanna liebt den Jazz umso mehr.
Es sei ärgerlich, dass von ihm ewig kubanisch Beeinflusstes erwartet würde, hat der Pianist Gonzalo Rubalca vor ein paar Jahren verkündet. Deutlich jüngere Kollegen aus Havanna wie Alfredo Rodriguez oder Harold López-Nussa tun sich leichter mit dem Erbe. LópezNussa, der wenige Tage vor seinem Konzert in der Unterfahrt 34 Jahre alt wird, hat zwar neben seinem jüngeren Bruder Ruy am Schlagzeug mit Alune Wade, der vor allem E-Bass spielt und gelegentlich singt, auch einen Senegalesen im Trio. Aber das macht den dreien vor allem Lust, musikalische Beziehungen zwischen Kuba und Afrika zu erforschen. Kein Problem, da ein rhythmisches Feuerwerk zu erwarten: Die Jungens zündeln gern. »El Viaje« heißt ihre CD von 2016, und eine ungeheuer abwechslungsreiche Reise ist live zu erwarten. Da wird auch mal ein kubanischer Klassiker aus dem 19. Jahrhundert aufgefrischt, vor allem aber geht es um die faszinierende Vielfalt an Grooves aus beiden Welten. Keine Scheu also, mit den Rhythmen von Salsa, Rumba oder Son zu arbeiten.
Das Trio tut es aus ganz heutiger Sicht, Harold mit am Konservatorium geschulter Raffinesse des Anschlags, Alune vor allem am E-Bass und Ruy als Schlagzeuger, der oft klingt, als wäre außerdem noch ein Percussionist im Spiel. Es gibt lyrische Klavierpassagen, durchaus ruhige Momente, reichlich melodische und harmonische Raffinesse. Ebenso gerne lassen die drei aber die Muskeln spielen, bauen polyrhythmische Überlagerungen auf, dass einem schwindlig werden kann bei der Suche nach der Eins. Kaum zu fassen, dass ein Pianist, der bis zum Alter von 20 Jahren fast nur Klassisches gespielt hat, Ravel oder Villa-Lobos mit Sinfonieorchester, sich derart zum Meister der Grooves entwickeln konnte. Oder eben doch nicht so erstaunlich: Auch sein Vater war Schlagzeuger, und Harolds Verhältnis zum Rhythmus ist so innig, dass er schon mal mit seinem Bruder Roy die Instrumente tauschen kann. Oder die beiden setzen sich zusammen ans Klavier. Mitreißender als bei diesem Trio, dessen Spaß an kühnen Improvisationen unwiderstehlich wirkt, kann Jazz kaum sein. ||
HARLOD LÓPEZ-NUSSA TRIO
Unterfahrt| Einsteinstr. 42–44 | 14. Juli| 21 Uhr
Tickets: 089 4482794 | Website
Das könnte Sie auch interessieren:
Lucinda Williams: Live in München
Jazzbar Vogler: Das Buch »Der kotzende Hund«
Jazzwoche Burghausen 2024: Blick ins Programm
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton