Für sechs Wochen macht das RischArt-Kunstprojekt die Südwiese vor der Alten Pinakothek zu einer temporären Ausstellungsfläche.

Magenta-Rausch in Wolfgang Ellenrieders
»Dach über dem Kopf« | © RischArt

Kaum wärmt die Sonne die Luft auf erträgliche Temperaturen, zieht es die Münchner nach draußen. In Parks, auf Grünflächen und Caféterrassen. Auch die Wiese zwischen dem Kunsttempel Alte Pinakothek und der Filmhochschule eignet sich bestens, um nach einem anstrengenden Ausstellungsbesuch der trockenen Museumsluft zu entfliehen, Ruhe einkehren zu lassen und sich für einen Moment den Anstrengungen des städtischen Lebens zu entziehen. Vielleicht nutzt man so eine Pause auch für ein kleines Nickerchen.
Solchen Momenten der Ruhe, mitten in einer pulsierenden Stadt, widmet sich das RischArt_Projekt 2017.

Die Kuratorin Katharina Keller hat dafür sechs Künstler gebeten, sich mit skulpturalen Arbeiten zum Thema »Parasympathikus« zu beteiligen. Diese Komponente des vegetativen Nervensystems, auch »Herr des Schlafes« genannt, steuert den Prozess der Entspannung und hilft uns, unser System herunterzufahren. Sein Antagonist, der Sympathikus, versetzt uns in Spannung und erhöht unsere Leistungsfähigkeit. Zwischen 22. Juni und 16. Juli 2017 werden auf besagter Südwiese vor der Alten Pinakothek nun begehbare Interventionen, architektonische Skulpturen und Installationen gezeigt, die diese polaren Beziehungen zwischen Spannung und Entspannung, Stress und Ruhe verhandeln sollen.

Blaue Tempel und Bauhaus-Favelas

In ihrer an einen buddhistischen Tempel erinnernden Installation »Para-Pagode« will die Bildhauerin Alexandra Hendrikoff Momente der Entschleunigung ermöglichen. Beate Engl, die letztes Jahr Teil der »Favoriten III«-Ausstellung im Lenbachhaus war, schickt wiederum während der Laufzeit des Projektes täglich einen Drehorgel-Streitwagen durch die Straßen des Kunstareals, der als rasender Informationsverbreiter aktuelle Nachrichten in die Stadt tragen soll. Kunst zwischen Burn-out und Meditation? Der Berliner Künstler Vincent Tavenne präsentiert mit »Blaues Tempelchen« eine architektonische Skulptur und Ina Weber spricht mit einer Garteninstallation die ungewisse Sehnsucht nach einer idealen Welt an.

Drei funktionale Elemente von Martin Wöhrl bilden ein Ensemble aus minimalistischen Stahlskulpturen und in Wolfgang Ellenrieders skulpturaler Installation »Ein Dach über dem Kopf« trifft Bauhaus auf Favela: Holzpaneele und Fertigmaterial aus dem Baumarkt, eine Fassade, die fast gebastelt wirkt. Und doch sind im Inneren der architektonischen Struktur ungewohnte, farbliche Einblicke zu entdecken. »Man soll in meiner Arbeit mit den eigenen Sinnensorganen in eine andere Welt eintauchen. Eine Verunsicherung des Betrachters findet statt, der sich plötzlich in zwei Welten gleichzeitig befindet«, so Wolfgang Ellenrieder, der in seinem Werk Sonnenlicht als zusätzliche Farbe benutzt. »Man kann das, was man erlebt, nicht direkt steuern, ähnlich dem vegetativen Nervensystem. Man taucht aus der Hektik des Stadtraums in einen anderen Bereich ein.«

Ist es möglich, eine Oase der Ruhe zu schaffen, im Herzen einer Stadt wie München, zwischen Trambahnen und mehrspurigem Autoverkehr? Im Idealfall wird das RischArt-Projekt 2017 ein temporärer Rückzugsort mit und von der Kunst, einladend, anregend und (ent-)spannend. ||

14. RISCHART_PROJEKT 2017: PARASYMPATHIKUS. URBANE RUHE UND UNRUHE
Kunstareal München, Südwiese/ Alte Pinakothek
22. Juni–16. Juli| Website

 


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