Expressionist war er keiner, sondern ein deutscher Einzelgänger auf der Suche nach Harmonie. Hans Purrmann, ein »Glücksbringer der Farben«, kann im Buchheim-Museum nun neu, im Umfeld der Zeitgenossen, gewürdigt werden.
Die Expressionistensammlung war das Herzstück von Lothar Günther Buchheims Engagement und bleibt die Hauptattraktion im Buchheim-Museum. Nun ist hier ein Maler zu Gast, der wenig gemeinsam hat mit den Farbenstürmen Noldes, SchmidtRottluffs Löwenpranke in der Steigerung reiner Farbe und Formenvereinfachung, den existenziellen Ausdrucks-Chiffren Kirchners, dem mystischen Glühen der Farben in Jawlenskys kühnen Synthesen oder mit Beckmanns Welttheater.
Bilder von Hans Purrmann hängen in wechselnder Nachbarschaft zu diesen Heroen der Moderne, und das ermöglicht eine doppelte Neuentdeckung: Einmal Purrmanns eigene Meisterschaft als Kolorist, der Landschaften und Stillleben in ein harmonisches Kräftespiel zu verwandeln wusste. Zweitens bei der Reflexion der Verhältnisse in den Zielen und Mitteln dieser Zeitgenossen. Denn die Bilder miteinander in Dialog treten zu lassen und ein geschärftes vergleichendes Sehen zu ermöglichen, ist das Anliegen der beiden Kuratoren, Museumsdirektor Daniel J. Schreiber und Felix Billeter vom Hans Purrmann Archiv. Die Werke sind deshalb – sowohl in der Sonderschau wie im großen Expressionisten-Saal – nicht chronologisch, sondern thematisch gehängt: Landschaftsmotive, Stillleben, Interieurs, Akte, Porträts. Auch Gemälde von Lothar-Günther Buchheim sind ins Spiel einbezogen.
»Glücksbringer der Farben«
Nach einer Tüncherlehre beim Vater in Speyer kam Purrmann über die Dekorationsmaler-Ausbildung an der Karlsruher Kunstgewerbeschule zum Akademiestudium in München bei Stuck und damit in den Bereich der Moderne. Ließ sich von der Licht- und Farbenschönheit des Impressionisten Slevogt begeistern, bis er 1905 nach Paris ging, die Kunst Cézannes entdeckte und in den Bann von Matisse geriet: Er wurde Ateliervorstand in der Malschule des Freundes, mit dem er auch Reisen unternahm. Nun: Purrmann wurde – und blieb – Purrmann. Er hatte kein Interesse an den Vereinfachungen, Übersteigerungen, Verzerrungen des Expressionismus, und er folgte auch nicht der kühnen Abstrahierung ins Dekorative, wie sie sein Freund Matisse wagte. Er tat also nicht mit bei den sich überstürzenden Vorwärtsgefechten ab dem ersten Jahrzehnt; man könnte auch sagen, er war mit seinem Sinn für Schönheit ein früher Vertreter einer gemäßigten, nuancierten, harmonisierten Moderne. Ein Meister farblichen Lichts, höchster farbiger Differenziertheit.
Kasimir Edschmid, einst ein Wortführer der expressionistischen Literaten, später mit Purrmann befreundet, würdigte ihn zum 70. Geburtstag als »Glücksbringer der Farben«. Wie Matisse, Picasso und so viele berief sich auch Purrmann auf den Vater der Moderne, Cézanne. Doch er dekonstruierte nicht den Bildaufbau, komponierte nicht wie Matisse in harmonisch-ornamentalem freiem Spiel auf der Bildfläche, sondern folgte Cézannes hingebungsvoller Arbeit vor dem Motiv, eine Harmonie parallel zur Natur zu schaffen. »Ich glaube an Gott und Cézanne«, bekannte er auch im Alter und verstand »Malerei als Wiedergabe konkreter Dinge«. Dieser treue Gegenstandsbezug galt in der Moderne und Nachkriegsmoderne als nicht zeitgemäß. Purrmanns langes Malerleben und speziell das intensive Spätwerk erlauben heute eine differenzierte Betrachtung seiner Bilder. Viele sind einfach schön. ||
PURRMANN UND DER EXPRESSIONISMUS
Buchheim Museum | Am Hirschgarten 1, 82347 Bernried | bis 9. Juli | Di–So/Fei 10–18 Uhr | jew. So, 15.30 Uhr, Dialogführungen mit Direktor Daniel J. Schreiber und Felix Billeter vom Purrman-Archiv und Gesprächspartnern: 30. April mit der Enkelin Annette Freifrau von König; 7. Mai mit der Enkelin Regina Hesselberger-Purrmann (Purrmann-Archiv); 14. Mai mit Prof. Christoph Wagner | 21. Mai mit Kunstvermittlerin Angelika Grepmair-Müller; 18. Juni mit Oliver Kase (Pinakothek der Moderne); 25. Juni mit dem Künstler Bernd Zimmer | Der Katalog (192 Seiten, 156 Abb.) kostet 29,80 Euro
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