Wie Fantasie Realität wird: Die Sonderschau EXEMPLA münchen auf dem Messegelände demonstriert auf faszinierende Weise das Handwerk der Illusionen.
EXEMPLA münchen
Die Welt der Bühne

Historische Illusion – Papiertheater »Proszenium ›Urania‹« mit Dekoration »Feenpalast«, Verlag Josef Scholz, Mainz 1885 | 98 x 80 x 70 cm Sammlung Peil, Schmiedebach
Was ist Theater anderes als Zauberei? Auf diesem großen schwarzen Nichts namens Bühne erschaffen Regisseurinnen und Bühnenbildner, Dramaturgen und Schauspielerinnen immer wieder neue Welten, mit ihren oft ganz eigenen Gesetzen, Geschwindigkeiten, Logiken. Doch wie jeder gute Zaubertrick braucht das alles viel Vorbereitung, viel Know-how, Kreativität und Tüftelei, kurzum: viel Handwerk. Deshalb ist es nur folgerichtig, dass die Sonderschau EXEMPLA münchen auf der Internationalen Handwerksmesse das Thema nun aufgreift: »Welt der Bühne« heißt das diesjährige Motto. Die Schau wirft einen Blick hinter die Kulissen und beleuchtet die unverzichtbare Rolle des Handwerks in den darstellenden Künsten: Wie entsteht ein Bühnenbild, wie die Kostüme oder Masken? Welche Rolle spielen die Akustik, die Bodenplatten und der »Himmel«? Wie werden die Kulissen bewegt, woher kommt das Licht? Egal ob kleines Marionettentheater oder große Oper – für jede Bühnenproduktion spielt das Handwerk eine zentrale Rolle. Schreiner, Schlosser, Elektriker, Bühnenmaler, Raumausstatter arbeiten aufs Engste zusammen, um die Bühnenwelt zum Leben zu erwecken.
Wie immer funktioniert die EXEMPLA münchen nach dem Prinzip der »lebenden Werkstätten“: Handwerkerinnen und Künstler arbeiten live vor Ort, Besucherinnen können zusehen, wie sie die Ideen der Regisseure und Bühnenbildner verwirklichen. Es sind die Spezialisten in den Theaterwerkstätten, die die Visionen der Künstler dingfest machen. »Die Magie auf der Bühne wird erst durch das Können des Handwerks für die Zuschauerinnen und Zuschauer erlebbar«, sagt Franz Xaver Peteranderl, Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern, die die Sonderschauen auf der IHM organisiert.

Gudrun Donner: »Minotaurus« – Die Büste fertigte sie im Rahmen
ihres Master-Abschlusses an der Theaterakademie August Everding © Maximilian Mutzhas
Drei große Themengebiete umfasst die Ausstellung: ImbBereich »Bühne als Bauwerk« wird gezeigt, wie eine Bühne gebaut wird, wieviel ausgeklügelte Technik es braucht, um die Kulissen zu bewegen, wie die Akustik verbessert werden kann. Bühnengeschichte und Baukunst früherer Zeiten können Besucherinnen und Besucher anhand von virtuellen Exponaten der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft und des deutschen Theatermuseums entdecken. Wie in München nach 1900 Bühnenkonzeption und Zuschauerraum sowie die Bühnentechnik revolutioniert wurden, zeigt aktuell das Theatermuseum in seiner Ausstellung »Kunst und Bühne« (siehe S. 16). Ein zweiter Bereich der EXEMPLA widmet sich dem Bühnenbild und den Kulissen. Experten der Bayerischen Staatsoper und der Münchner Kammerspiele zeigen ausgewählte Bühnenbilder, darunter beispielsweise das Schiff aus »Der Sturm / Das Dämmern der Welt« aus der letzten Spielzeit der Kammerspiele. Mit Beispielen aus dem Marionetten- und Papiertheater werden auch intime Bühnenformate gewürdigt, für die das Handwerk ebenfalls eine zentrale Rolle spielt. In einem dritten Bereich demonstrieren unter anderem die Accademia Teatro alla Scala in Mailand, die Theaterakademie August Everding in München und die Gewandmeister-Ausbildung der Hamburger Hochschule für Gestaltung, wie wichtig Kostüme und Masken sind. Sie helfen den Schauspielerinnen, in ihre Rollen zu finden und den Zuschauern, diese einzuordnen.

Kopfschmuck von Rasa Vilcinskaite | © rasviljewelry www.rasaviljewelry.etsy.com
EXEMPLA 2024
Der renommierte japanische Maskenkünstler Kitazawa Hideta wird vor Ort traditionelle japanische NOH-Masken schnitzen, während die in Litauen lebende Schmuckkünstlerin Rasa Vilcinskaite farbenprächtige Masken aus Perlen und Steinen fertigt. Die Sonderschau EXEMPLA münchen 2025 dürfte den Blick des Publikums auf Theater entscheidend erweitern: Intendanz und Repertoire, Schauspieler und Regisseurinnen, Kürzungen und Sanierungskosten treten hier mal in den Hintergrund, stattdessen kommen die vielen Handwerkerinnen und Techniker in den Theaterwerkstätten endlich einmal ganz groß raus. Wer nach dieser Ausstellung wieder ins Theater geht, wird jede Vorstellung mit neuen Augen sehen. ||
EXEMPLA MÜNCHEN
Halle B1, im Rahmen der Internationalen Handwerksmesse auf dem Messegelände München (Eingang West) | 12.–16. März | 9.30–18 Uhr
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