Die Münchner freie Tanzszene schaut mit wachem Blick auf das, was ist: neue Stücke von Zufit Simon, Micha Purucker, Moritz Ostruschnjak und Stephan Herwig.

Freie Tanzszene in München

Spielfeld der Gefühle

freie tanzszene

Cary Shiu, Dorota Michalak, Zufit Simon und Sunayana Shetty in »Bodies in Rebellion« von Zufit Simon | © Dieter Hartwig

Wie sieht er aus, der rebellierende Körper? Wirft er sich auf, schlägt er um sich? Welche Schritte und Posen sind die angemessenen, die richtigen? Die gebürtige Israelin Zufit Simon fragt als Fortsetzung ihres höchst kritischen und dabei amüsanten Frauenstücks »Radical Cheerleading« in ihrer jüngsten Choreografie »Bodies in Rebellion« nach den körperlichen Formen des Protests. Drei Frauen und ein Mann bewegen sich in quadratischer Marschformation, aus der die eine oder der andere gelegentlich ausbricht. Sie gehen, sie kauern, sie kippen um oder legen sich bäuchlings flach. Wobei Zufit Simon selbst tanzender Teil ihrer »Bodies in Rebellion« ist. Sie hinterfragt die physischen Möglichkeiten des Aufbegehrens durch die Gestalt der Bewegungen selbst.

Das klingt ein wenig nach der zeitgemäß umgesetzten Variante von Johann Kresniks Parole »Ballett kann kämpfen«, mit der er 1967 als Ballettchef und kommunistischer Vorbote der 68er in Bremen antrat. Aber Simon kämpft nicht mit den Mitteln des choreografischen Theaters, sondern mit dem Tanz an sich. Krieg in Israel, wo Simon geboren und aufgewachsen ist, Krieg in der Ukraine. Dagegen lässt sie die Tanzenden in immer neuen Anläufen und Formationen aufstampfen bis zur physischen Erschöpfung. Auch wenn sie klug genug ist zu wissen, dass noch kein Protestschrei auf einer Bühne je einen Kriegstreiber zum Schweigen gebracht oder einen Soldaten entwaffnet hätte.

Verschränkte Arme hinter notgedrungen gebeugten Köpfen – das sieht verdammt nach Kapitulation aus. »Bodies in Rebellion«, die Suche nach effektiven neuen Haltungen des Protests, schildert letztlich nichts anderes als widerwillige Unterwerfung. Diese wird monoton begleitet von Frederik Olofssons seelenlosem elektronischen Tuckern – eine fortwährende Übung, die nach dem richtigen Ausdruck sucht und ihn nicht finden kann. Denn das eigentliche Thema ist der Krieg im Besonderen und Allgemeinen.

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