Die Pasinger Fabrik untersucht unter dem Titel »Diva Assoluta« das Phänomen der größten Sopranistin aller Zeiten Maria Callas.

Maria Callas. Diva Assoluta

Drama und Eleganz

maria callas

Maria Callas (Mitte) 1957 in Venedig, entspannt mit Elsa Maxwell und Aristoteles Onassis (rechts) | © Keystone-France/Gamma-Keystone via Getty Images

In Zeiten, in denen die Begriffe Diva und Zicke etwa in sozialen Medien fast schon synonym verwendet werden und zwischen Idol, Star und Ikone kaum ein Unterschied gemacht wird, tut es ganz gut, das göttliche Flackern einer »Diva Assoluta« wie Maria Callas etwas intensiver unter die Lupe zu nehmen. Schließlich stammt das Wort Diva vom lateinischen »divinus« ab, was nicht weniger als »göttlich« bedeutet. Davon ließ sich die Pasinger Fabrik zum 100. Geburtstag der bis heute geradezu kultisch verehrten Jahrhundert-Sopranistin Maria Callas inspirieren und hat eine beeindruckende Ausstellung mit üppigem Begleitprogramm organisiert. Man sieht nicht die üblichen Beweihräucherungen. Die Kurator:innen Augusta Laar und Stefan-Maria Mittendorf sind stattdessen in die Tiefe gegangen und haben Kreative und Künstler:innen das Thema interpretieren lassen. Eine gute Idee, denn das extreme, provozierende Leben der in New York geborenen Griechin lässt sich ja bereits in zahlreichen Büchern nachlesen. Das neueste mit dem Titel »Die Stimme der Leidenschaft« (Beck, 2024) stammt von Eva Gesine Baur, die am 4. Juli (20 Uhr) auf der Kleinen Bühne der Fabrik über das Phänomen Callas referieren wird.

Wichtig ist eine Unterscheidung, die auch Eva Gesine Baur in ihrer Biographie der Künstlerin betont: »Ein Star ist noch keine Diva.« Zum Diventum gehört mehr, als nur berühmt zu sein oder in den Klatschspalten zu erscheinen. Das gelang Callas zwar zeitlebens. Ihre glücklose Ehe mit Giovanni Meneghini, ihre Schwärmerei für Luchino Visconti und Pier Paolo Pasolini, in dessen gleichnamigem Film sie die Medea spielte, gaben viel her für die Presse. Und auch die ausschweifende Liebe zu dem charismatischen griechischen Reeder Aristoteles Onassis wurde ausführlich kommentiert. Zu einer Diva gehört, so Baur, aber außerdem die Qualität, eine Stilikone zu sein.

Dafür bot Maria Callas einiges an Stoff. Sie verblüffte die Welt mit ihrer rabiaten Abmagerungskur, als sie 1953 innerhalb weniger Monate von 91 auf 55 Kilo abspeckte. Danach machte sie in jeder Haute Couture Bella Figura. Das thematisiert in der Ausstellung Sabine Groschup mit einem überdimensionalen grauen Kleid, das einen Flachbildschirm als Kopf besitzt. Auf diesem Bildschirm ist eine Animation aus 700 Fotos der Diva zu sehen. Und aus dem Saum lugt unten ein Plüsch-Pudel, auch ein Markenzeichen der Künstlerin. Damit nicht genug: Ihr Pariser Appartement an der Avenue Georges Mandel ließ Maria Callas sich für viel Geld glamourös einrichten. Eine Diva weiß außerdem, was sie kann, und will immer perfekt sein. Um auf der Bühne makellos glänzen zu können, baute die extrem kurzsichtige Sängerin angeblich in ihrer Wohnung die Requisiten von Inszenierungen nach, um Aufund Abgänge proben zu können und nicht bei Aufführungen zu stolpern. Schon für ihr Operndebüt in »Cavalleria rusticana« soll sie in einer winzigen Wohnung Möbel markiert und Abstände vermessen haben, um sich später auf der Bühne räumlich zu orientieren. Ein Gerücht vielleicht, aber eines, das zu einer Diva passt.

Und dann geht es neben Glanz auch um Eleganz. Die besondere Art, wie Maria Callas etwa ihre Hände einsetzte, wurde schon früh von vielen bewundert. Ergül Cengiz und Moritz Altman haben das in Pasing in der Keramikskulptur mit dem Titel »Self Embrace« umgesetzt. Auch die Schattenseiten des Lebens in der Öffentlichkeit bekam die Künstlerin zu spüren. Eine Diva lässt sich jedoch nichts bieten und Maria Callas verteidigte mitunter streitbar ihre Position, wenn nötig vor Gericht. Sie wurde zeitlebens nicht nur verherrlicht, sondern zeitweise von der Kritik regelrecht niedergeschrieben. Es gab viele Gründe für Gegenwehr und Maria Callas gewann noch ihren letzten Prozess posthum.

Was sie selbst von den Meinungen der anderen gehalten hätte, lässt sich kaum noch eruieren. Die Künstlerin Birthe Blauth wagt es trotzdem und begibt sich mit ihrer »Séance mit Maria Callas« in die Bereiche von Magie, Mystik und Künstlicher Intelligenz. Man stellt der Diva im Jenseits Fragen über ihre Arbeitsweise, diverse Gerüchte oder über das am Ende ihrer Karriere viel beklagte Nachlassen der Stimme. Die Antworten wurden mit KI erstellt – und kommen in Pasing aus einer runden Tischplatte. Ganz schön spooky. ||

DIVA ASSOLUTA MARIA CALLAS
Pasinger Fabrik | August-Exter-Str. 1 | bis 11. August | Di bis Sa 16–20 Uhr, So 14–20 Uhr | Tickets: Tageskasse

Weitere Ausstellungsbesprechungen finden Sie in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.

 


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