Louise Banks macht gerade keine guten Zeiten durch. Die Bilder einer Toten suchen sie heim, und an einem besonders grauen Morgen tauchen zu allem Überfluss auch noch Aliens auf. Bei der Toten handelt es sich um die Tochter der Sprachwissenschaftlerin, gespielt von Amy Adams, die Trost in der Routine ihrer Lehrtätigkeit an der Universität sucht. Ihre 12-jährigeTochter fiel einer unheilbaren Erkrankung zum Opfer. Louises Trauerroutine wird jäh unterbrochen von der unwahrscheinlichen Ankunft mysteriöser Flugobjekte.
An zwölf Orten auf der Welt tauchen gleichzeitig eiförmige außerirdische Raumschiffe auf – die was machen? Nichts, sie stehen einfach nur still am Himmel und konfrontieren die Menschheit mit dem gleichgültigen Schweigen einer Naturgewalt. Ein analytisches Schweigen – wer mit dem psychologisch vertrackten Werk des kanadischen Regisseurs vertraut ist, weiß das –, denn in Denis Villeneuves Sci-Fi-Drama geht es zunächst einmal nicht darum, was Aliens für gewöhnlich so in Hollywoodfilmen anstellen (Großstädte pulverisieren, die Bevölkerung drangsalieren, Sklavenherrschaft errichten), sondern um den menschlichen Umgang mit einem Ereignis, so einschneidend, dass es sich der Einordnung verweigert.
Und wie es so ist mit einschneidenden Ereignissen, stellen sie eben nicht alles sofort total auf den Kopf, wie es die Dramaturgie unserer Kulturproduktion gerne vorgibt, sondern sie integrieren sich auf unheimliche Weise in unseren Alltag. So auch in »Arrival«. Die Menschheit macht erst mal weiter wie
gehabt, hält anlässlich der Ankunft der Fremden UN-Versammlungen ab, bringt die Börse zum Absturz, und ihre Verschwörungstheoretiker spinnen nur ein paar mehr wirre Theorien als sonst. Von einem Zusammenrücken kann also keine Rede sein. In der multipolaren Wirklichkeit tut sich auch kein strahlender Hegemon hervor, der mit Inbrunst die Rettung der Zivilisation zur Staatsangelegenheit erklärt. Irgendwann eskaliert dann doch alles so richtig. »Arrival« erzählt unter anderem auch vom Scheitern der Kommunikation.
Da schlägt die Stunde von Louise: Die Linguistin erhält vom US-Militär den Auftrag, mit den Aliens in Kontakt zu treten. An ihrer Seite der raubauzige Physiker Ian Donnelly, gespielt von Jeremy Renner, der die Rolle des Science-Cracks erfrischend unnerdig ohne obligatorische Hornbrille verkörpert. Bis dahin haben wir übrigens noch nichts von den Außerirdischen gesehen, denn Villeneuve beherrscht
meisterhaft die Stilmittel filmischer Suspense. Als sie schließlich auftauchen, bleiben sie nicht
weniger geheimnisvoll. Heptopoden tauft sie der Film, Siebenfüßler, sie muten gleichermaßen ätherisch wie gewaltig an. Stoisch schweben sie in ihrer Nährlösung und kommunizieren per Zeichensprache in einer Mischung aus Graffiti und buddhistischen Enso-. Das Forscherteam rund um Ian und Louise besucht sie in ihrem Raumschiff und tauft die beiden Alien-Emissäre, denen es begegnet, nach dem Komikerduo Abbott und Costello.
Die vergeistigten Außerirdischen, und das ist der Kniff von »Arrival«, haben ein besonderes Geschenk
im Gepäck. Es ist ihre Sprache, die Louise schließlich dechiffriert. Mit ihr tut sich schließlich für die Menschheit ein neues Verständnis für die Zeit und unsere Wirklichkeit auf. Am Ende steht dann ein Twist, den es so in seiner emotionalen Wucht selten im Hollywoodkino gegeben hat, und die Frage: Würden wir in unserem Leben alles genauso machen, wenn wir wüssten, wie es ausgeht? ||
ARRIVAL
USA 2016 | Regie: Denis Villeneuve | Mit: Amy
Adams, Jeremy Renner, Forest Whitaker u.a.
116 Minuten | Kinostart: 24. November
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