Die 60. Kunstbiennale in Venedig hat eröffnet. Der deutsche Pavillon gewinnt auf ganzer Länge. Übergewichtiges Kunsthandwerk im Arsenale und in vielen Länderpavillons in den Giardini wirft Fragen auf. Manche echte Juwelen entdeckt man eher neben dem Hauptprogramm.

60. Kunstbiennale in Venedig

Is there Life on Mars?

kunstbiennale in venedig

Im deutschen Pavillon: Ersan Mondtags »Monument eines unbekannten Menschen« | Foto: Andrea Rossetti

60. KUNSTBIENNALE IN VENEDIG: »FOREIGNERS EVERYWHERE – STRANIERI OVUNQUE«
bis 24. November | Website

»Stranieri ovunque«, »Strangers everywhere«, »Fremde überall« lautet das Motto der Kunstbiennale 2024. Unter diesem Gedankendach, das vom in Paris gegründeten, in Palermo lebenden Kollektiv Claire Fontaine stammt, lässt sich schlicht alles subsumieren, Hauptsache, es hebt sich irgendwie von irgendwelchen Normen ab. Dass die Übergänge zwischen maximaler Offenheit und Beliebigkeit fließend sind, liegt in der Natur der Dinge. Ob der Kurator der diesjährigen Biennale, der Brasilianer Adriano Pedrosa, Karl Valentins Gespräch mit dem Professor aus dem Jahr 1940 über das Phänomen »Fremd ist der Fremde nur in der Fremde« kennt? Darin sagt Valentin: »Den meisten Münchnern zum Beispiel ist das Hofbräuhaus nicht fremd – hingegen ihnen die meisten Museen fremd sind.« Valentin war da deutlich konkreter als Pedrosa.

Mataaho Collective aus Neuseeland empfängtden Besucher im Arsenale mit einem fulminanten Entree unter einem gigantischen Dach aus silbernen Spanngurten, die sonst dazu verwendet werden, Transporte zu sichern. Man bewegt sich unter dem Geflecht und erlebt den Raum aus jedem Winkel anders. Diese Architektur, unmittelbar, kühl, sachlich, sehr puristisch, schürt große Erwartungen: Wie geht es weiter, welche neuen Perspektiven kündigen sich hier an? Und dann geht es los – mit den Fragezeichen.

biennale in venedig

Rember Yahuarcanis Geisterbeschwörung »El territorio de los abuelos« | 2023 | Foto: cp

Handarbeit und Wimmelbilder

Künstlerinnen und Künstler, vor allem aus Lateinamerika und Afrika, nähen, häkeln und stricken, basteln Bilder ihres Alltags, die auf Schräglagen, Missstände, politische Ungerechtigkeiten, auf Gewalt und Not verweisen, aufden ersten Blick oft wie aus Kinderhand, aufden zweiten erschreckend, auf den dritten fragwürdig. Zumeist sind es Frauen, die offenbar bevorzugt mit Nadel und Faden arbeiten. Ist das die feministische Umdeutung der weiblich konnotierten Hand-Heimarbeit?

kunstbiennale in venedig

Yael Bartanas Video-Installation »Farewell« im
Deutschen Pavillon | cp

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