Der Kinobetreiber Matthias Helwig hat sich einen großen Traum erfüllt und einen neuen Filmpalast gebaut. Er steht am Bahnhof Gauting und wartet ab sofort auf sein Publikum. Und das wird kommen, da ist sich der passionierte Kinomacher sicher.
Es gehört schon eine Menge Mut, Leidenschaft und Idealismus, aber auch eine gehörige Portion Verrücktheit dazu, in Zeiten wie diesen einen Filmpalast mit Arthaus-Anspruch aus dem Boden zu stampfen. Denn die Konkurrenz schläft nicht, online konsumierbares Bewegtbild ist inzwischen auf jedem Gerät, das auch nur den Hauch eines Bildschirms oder Monitors besitzt, abrufbar. Und die Jugend, die einst das Gros der Kinogänger ausmachte, nutzt diese technologischen Errungenschaften in zum Teil erschreckend exzessivem Ausmaß.
Wenn man also heute Kino machen will, dann muss das anders aussehen. Ebenso wie es jetzt der im besten positiven Sinne gemeinte »Wahnsinnige« Matthias Helwig getan hat. Er hat am S-Bahnhof Gauting ein neues Kinocenter gebaut, das Mitte Oktober feierlich eröffnet wurde. Breitwand nennt er sein schmuckes Arthaus-Paradies, genau wie jene Kinos in Starnberg, Seefeld und Herrsching, die er bereits seit vielen Jahren betreibt. Helwig ist Überzeugungstäter, er liebt und lebt Film, bereichert obendrein seit einer Dekade mit seinem Fünf-Seen-Filmfestival die Kulturlandschaft im Münchner Südwesten.
Wenn also jemand in einer Ära der Lichtspieltheaterschließungen und rückläufigen Umsatzzahlen weiß, wie Kino funktioniert, dann wohl er. Und fürwahr, Helwig hat in Gauting nichts dem Zufall überlassen. Das neue Breitwand ist nicht nur innen wie außen ein architektonischer Hingucker, es erfüllt auch alle Wünsche, die ein Cineast so auf dem Herzen haben mag: bequeme Sessel mit Beinfreiheit, eine möglichst große Leinwand und eine technische Ausstattung, die das Abspielen von Filmen in 3-D und 4-K-Qualität erlaubt. Insgesamt fünf Säle gibt es, die mit Programmen bestückt werden, die jeden Geschmack und jede Altersgruppe erreichen.
Dabei achtet Helwig auf Qualität, die ein Hollywood Blockbuster ebenso bedienen kann wie ein Kleinod aus Finnland. Um es mit Filmtiteln auszudrücken: Die Spanne reicht von »Bridget Jones Baby« bis »Toni Erdmann«, von »Pettersson & Findus« bis »Trolls – 3-D«, von »Inferno« bis »Welcome to Norway«. Doch anspruchsvolle Kinoware in komfortablen Räumen zu zeigen, das können auch andere. Wo steckt denn nun der Mehrwert, den Helwig seinen Gästen bietet? Er steckt im Interdisziplinären, im Drumherum, im Schaffen einer angenehmen Atmosphäre, die zum Verweilen einlädt. So gibt es etwa die 27 Plätze fassende, mit stilvollen Ledersesseln und -sofas ausgestattete Kinolounge. Sie eignet sich für Filmgespräche und Diskussionsrunden ebenso hervorragend wie für literarische Lesungen oder Tanzveranstaltungen. Der Clou: Man kann sie auch für private Anlässe mieten, inklusive einer kleinen Bar für großen Durst und kleinen Hunger.
Apropos Bar: Das Breitwand beherbergt auch eine Gastronomie, die als ein weiterer Ort der Begegnung ebenfalls auf vielfältige Art zum Verweilen einlädt: Ein Kaffeeklatsch am Nachmittag ist im Abacus ebenso möglich wie das eine oder andere Gläschen guter Rotwein, das man sich nach einem gehaltvollen Film zur besseren Verarbeitung des gerade Gesehenen unbedingt gönnen sollte. Wer mehr möchte, bekommt im geschmackvoll eingerichteten Restaurant auch mehr, in erster Linie mediterrane Küche. Zudem sollen Kulinarik und Kino auch immer wieder durch gemeinsame Aktionen zwischen den Abacus-Betreibern Katharina Wrase und Ralf MansourAgather und dem Theaterleiter zueinander finden.
Es ist also alles angerichtet im Breitwand Gauting. Jetzt fehlt nur noch das Publikum. Helwig jedenfalls ist da guter Dinge, vertraut auf seine Erfahrung und hält es mit dem Schlusssatz aus Woody Allens »Manhattan«, der auch an einer der Wände der Kinolounge prangt: »You have to have a little faith in people – du musst ein bisschen Vertrauen haben in die Menschen.« ||
Das könnte Sie auch interessieren:
Das Glücksrad: Der neue Film von Ryûsuke Hamaguchi
»Der Rausch« von Thomas Vinterberg: Jetzt im Kino
DOK.fest 2024: Ein Blick ins Programm
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton