Das Erben ist Lukas Bärfuss’ Thema. In seinen beiden letzten Büchern – »Vaters Kiste« und »Die Krume Brot« – beschäftigt sich der Schweizer Autor damit: einmal ausgehend von der Bananenkiste, die ihm sein Vater hinterlassen hat, einmal in fiktiver Form.In beiden Fällen hinterlässt die vorangehende Generation nichts Gutes, keine Werte, sondern Altlasten. Nun kuratiert Bärfuss das Forum des Münchner Literaturfestes – und hat ein spannendes Programm rund um sein Herzensthema zusammengestellt.
Lukas Bärfuss im Interview
»Für Zynismus bin ich nicht zu haben«
Das Literaturfest findet von 15.11. bis 3.12. an verschiedenen Orten statt. Veranstaltungen und Tickets
Im Grunde ist der Gedanke hinter dem Erben ein schöner: Man gibt etwas weiter an die, die bleiben. Ein Geschenk. Wenn man Ihre letzten beiden Bücher liest, ist da allerdings wenig Positives, was von einer Generation an die nächste übergeben wird. Was macht das Erben so problematisch?
Lukas Bärfuss: Im Wort Geschenk liegt die ganze Ambivalenz: Ein Geschenk verpflichtet. Und wenn es um materielles Erbe geht, sind das häufig giftige Geschenke. Unser Müll bleibt für die nächsten Generationen, und ich bin mir nicht sicher, ob die das als Geschenk verstehen werden. Die Vermögen werden privatisiert, Schulden kann man ausschlagen. Der Müll wird sozialisiert, er ist das herrenlose Gut, um das sich niemand kümmert und das von keinem Erbrecht erfasst wird. Dazu kommt eine metaphysische Dimension: Wir vererben auch das Nichts.
Zum Beispiel?
Die Biodiversität. Wir haben achtzig Prozent unserer Vögel und unserer Insekten verloren. Das wird katastrophale Auswirkungen haben. Wir haben kein Bewusstsein dafür entwickelt, was das bedeutet. Ein Ziel bei diesem Forum ist es, diese Fragen in eine lebendige Vorstellung zu bringen. Wir müssen an unserer Vorstellungskraft arbeiten. Erben hat mit Trauer zu tun. Wir leben in einer Zeit, in der viele wunderbare Dinge verschwinden, vernichtet werden, von den Gletschern bis zu den Formen des Lebens. Und wir haben nicht mal ein Empfinden dafür, was uns verloren geht. Auch darum ist es so wichtig, dass es die Literatur gibt. Sie erinnert uns an das, was einmal war und was sein könnte.
Das komplette Interview und ein umfangreiches Special zum Münchner Literaturfest finden Sie ab heute in unserer neuen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
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