Ein Gespräch mit Sandra Chatterjee über den Zusammenhang zwischen Düften und Tanz anhand ihrer neuen Arbeit »SWEAT: Smells of Labour«.
Sandra Chatterjee
»Die Nase spielt bei der Verführung eine große Rolle«
SWEAT – SMELLS OF LABOUR
Einstein Kultur / Halle 2 | Einsteinstr. 42 | 15./16. September, 20 Uhr, 17. Sept., 11.30 Uhr | Ticket-Reservierung
Fisch, Rauch, Müll: Es gibt Gerüche, die Armut indizieren. Und nicht nur Kant meinte daraus auf die Hautfarbe eines Menschen schließen zu können. In ihren Lecture Performances erforscht Sandra Chatterjee gemeinsam mit dem Publikum die politische Komponente des Olfaktorischen und entwickelt in zahlreichen Netzwerken und Kollektiven intersektionale und transnationale Perspektiven auf unterschiedliche Körperkulturen.
Sandra Chatterjee, Sie sind Tänzerin, Choreografin und Wissenschaftlerin. Wie verhält sich das alles in Ihren Arbeiten zueinander?
Sandra Chatterjee: Für mich geht eins nicht ohne das andere. Es ist nicht so, dass ich denke, ich muss recherchieren um ein Stück machen zu können oder wenn ich akademisch arbeite, muss es zwingend performativ werden. Ich kann tatsächlich nicht schreiben, wenn ich mich nicht bewege. Und ich denke in Konzepten und brauche die Verbindung zur Welt, zu Fakten und Geschichten, um zu choreografieren. Im künstlerischen Arbeiten finde ich es schön, die Freiheit zu haben, Methoden zu mischen und Dinge neu in Relation zueinander zu setzen.
Ihre neue Produktion heißt »SWEAT: Smells of Labour«. Wie unterscheidet sich der Schweißgeruch, der von harter Arbeit herrührt, von Gerüchen, die zu rassistischen Deutungen und Handlungen führen, die Sie zuletzt in »Smells of Racism« untersucht haben?
Vor allem die Art, wie wir damit arbeiten, ist anders. Bei »Smells of Racism« habe ich mich dagegen entschieden, rassistische Diskurse zu performen, auch die mit ihnen verbundenen Gerüche werden nicht präsent. Zu riechen waren nur die metaphorischen »antirassistischen« Räuchermischungen, für die wir die Rezepte mit den Zuschauern entwickelt haben. Bei »SWEAT« geht es umgekehrt darum, den Geruch, der hinter den Waren steckt, die wir konsumieren, sicht- und riechbar zu machen. Wir sind räumlich und sinnlich sehr weit von den unfairen Produktionsprozessen entfernt, die wir auf kolonial etablierten Wegen exportieren. Profit bedeutet, mehr als nötig zu produzieren, mehr als den fairen Anteil zu nehmen und zwar auf Kosten der ArbeiterInnen: ihres Lohns, ihrer Gesundheit, ihrer Sicherheit und ihrer Rechte. Durch die Distanz können wir den Schweiß und die anderen Gerüche, die Herstellungsprozesse begleiten, aus unserer Wahrnehmung ausblenden, verführt werden und kollektiv »Ja« zum globalen Handel sagen. Und die Nase spielt bei der Verführung eine große Rolle. Also wollen wir die verdrängten und vergessenen Gerüche und Verhältnisse präsent machen.
Das komplette Interview finden Sie in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
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