Eine Kaiserin bricht aus, ein Pärchen macht mit Pornos ein Vermögen, drei Stars persiflieren sich selbst und die österreichische Provinz wird deftig auseinandergenommen. Viel Spaß mit dem Kino im Juli! Die kompletten Kritiken gibt es in der neuen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
Kino im Juli 2022
Massive Talent
Hier finden Sie bereits die komplette Kritik von Sofia Glasl
Der beste Film aller Zeiten
Der milliardenschwere Pharmaunternehmer Humberto Suárez blickt an seinem 80. Geburtstag trübsinnig aus dem Fenster seines Büros und fragt sich und seinen willfährigen Assistenten: Was werde ich hinterlassen, was, außer diesem hässlichen Büroturm und einem Haufen Geld? Da fällt ihm auch sogleich etwas ein: eine Brücke! Die nach ihm benannt werden soll. Oder vielleicht doch eher: einen Spielfilm produzieren, der der beste Film aller Zeiten werden soll? (…) Penelope Cruz parodiert sich selbst, hüftschwingend, mit wildem Lockenhaar und noch wilderem Blick, während Banderas irgendwo zwischen Jimmy Dean und Al Capone strandet und Oscar Martínez an Michael Douglas und Jeff Bridges andockt. Wunderbar, wie lustvoll sie sich um die Wette zu dieser messerscharfen Selbstironiekür aufschwingen. (Christiane Pfau)
DER BESTE FILM ALLER ZEITEN (COMPETENCIA OFICIAL)
Spanien, 2022 | Regie: Gastón Duprat und Mariana Cohn | Mit: Penelope Cruz, Antonio Banderas, Oscar Martínez, José Luis Gómez
115 Minuten | seit 30. Juni im Kino
Corsage
Dass der Kinematograf erst ein knappes Jahrzehnt später erfunden wurde, ist einer der klugen Brüche, die Marie Kreutzer in »Corsage« setzt – auch moderne Putzutensilien und ein Telefon sind einmal zu sehen, Popsongs begleiten diese Ausreißer, immer im Kontrast zu den offiziellen Chorälen über die Schönheit der Kaiserin. Brüche wie diese lassen das historische Konstrukt, die Illusion der Erzählung von der märchenhaften Monarchie, die obendrein noch von den »Sissi«-Filmen der 1950er Jahre verzerrt ist, offensichtlich werden. Das macht dieses einfühlsame Porträt im Diskurs um die selbstbestimmte Sichtbarkeit von Frauen jenseits der gesellschaftlich zugestandenen zugleich politisch und aktuell. (Sofia Glasl)
CORSAGE
Österreich, Luxemburg, Deutschland, Frankreich, 2022 | Drehbuch und Regie: Marie Kreutzer | Mit: Vicky Krieps, Florian Teichtmeister, Katharina Lorenz, Manuel Rubey
112 Minuten | Kinostart: 7. Juli
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Willkommen in Siegheilkirchen – Der Deix Film
Manfred Deix (1949– 2016), dessen physiognomische Grotesk stalten es als »Deixfiguren« sogar in den Duden geschafft haben. Dementsprechend
strotzt dieser wenig runde, dennoch schwarzhumorige Zotenreißer vor brachialem Sexual- wie Fäkalhumor (»Scheiß’ mi o!«), was in Verbindung mit ätzender Kritik am Dorftrotteltum wie an der notorischen Drangsalierlust vieler Nachbarländler eine gewagte Mischung ergibt: einen drastisch-dreisten, sprich Deix’schen, Giftcocktail eben, der einem übel aufstößt und für viel Kopfweh sorgt, was für den realen Berufstrinker und Kettenraucher Deix (»Karikatur ohne Bissigkeit, Drastik, Schärfe ergibt keinen Sinn«) aber trotzdem »a leiwande Sach’« gewesen wäre. (Simon Hauck)
WILLKOMMEN IN SIEGHEILKIRCHEN – DER DEIX FILM
Österreich/Deutschland, 2021 | Regie: Marcus H. Rosenmüller und Santiago Lopéz Jover
Drehbuch: Martin Ambrosch | 85 Minuten
Kinostart: 7. Juli
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Wer wir gewesen sein werden
Eric Brehmer: Als Filmemacher bedeutet Film meine Auseinandersetzung mit den Dingen, die mich beschäftigen. Und so habe ich nach der Entlassung aus dem Krankenhaus zunächst damit begonnen, das gesamte Material, das ich von uns aufgenommen, aber nie gesichtet hatte, überhaupt einmal anzuschauen. Das war meine Art, mit Angi Kontakt aufzunehmen: in dieser leeren Wohnung zu sitzen, ihre Stimme zu hören und sie noch einmal zu sehen. (Interview: Simon Hauck)
WER WIR GEWESEN SEIN WERDEN
Deutschland, 2022 | Regie: Erec Brehmer
Mit: Erec Brehmer und Angelina Zeidler
81 Minuten | Kinostart: 14. Juli
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Die Ruhelosen
Vater und Sohn fahren mit dem Motorboot aufs Meer hinaus, die Gesichter im Fahrtwind, in der gleißenden Sonne. Als die Bucht außer Sichtweite ist, schaltet Vater Damien den Motor ab, springt ins Wasser und winkt seinem Sohn Amine freudig zu: Er selbst schwimme an Land, aber der Junge sei ja schon groß und könne das Boot zurückmanövrieren. (…) Joachim Lafosse geht ein Wagnis ein, denn statt einer Handlung und klassischer Figurenentwicklung zwingt er die Familie mehrmals durch diesen Kreislauf und beobachtet die Auswirkungen auf ihr Zusammenleben bis ins kleinste Detail. (Sofia Glasl)
DIE RUHELOSEN
Belgien, Luxemburg, Frankreich, 2021
Drehbuch und Regie: Joachim Lafosse
Mit: Leïla Bekhti, Damien Bonnard
118 Minuten | Kinostart: 14. Juli
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Pornfluencer
Es ist erstaunlich, was für eine Geldmaschine das Internet manchmal ist. Vor allem, wenn man sich vom Schamgefühl leichter trennen kann als von altem Gerümpel. Nico und Andrea (alias Jamie Young) setzen statt auf Ebay auf My Dirty Hobby und teilen ihr Sexualleben mit dem Rest der Welt. Joscha Bongard gewährt mit seinem »sex-positiven« Dokumentarfilm »Pornfluencer« nun einen Einblick ins tägliche Business des Pornopärchens. (…) Auch wenn er hier und da mehr an der Substanz des Ganzen rütteln könnte, der Zuschauer bekommt eine unterhaltsame und
interessante Einladung zum Kopfschütteln. »Sex sells« wird eben doch nie alt. (Matthias Pfeiffer)
PORNFLUENCER
Deutschland, 2022 | Regie: Joscha Bongard
Drehbuch: Joscha Bongard, Wolfgang Purkhauser | 73 Minuten | Kinostart: 14. Juli
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Die Magnetischen
Zwei Brüder – Jérôme, der ältere (Joseph Olivennes), renitent und doch unfähig, sich vom Vater zu lösen, eher schüchtern und fast stumm der jüngere, Philippe – haben beide eine Leidenschaft: den Piratensender »Radio Warsaw« in Verehrung einer fast gleichnamigen Band. (…) Eminent klare, oftmals zarte und doch so entschiedene Bilder findet Vincent Maël Cardona für seinen im Jahr 1981 spielenden Film, da war der Regisseur gerade ein Jahr alt, und jede Szene hat das perfekte Timing. Er setzt nicht nur in einem virtuosen Soundtrack und
einer genial-verrückten DJ-Explosion, die für Philippe Befreiung und zugleich die perfekte Bewerbung darstellt, dem musikalischen Aufbruch des Postpunk (und der Musikkassette) ein Denkmal, sondern beschreibt den Aufbruch einer ganzen Generation, der zwei Jahre später schon verpufft war, denn: »Einen Tag nach der Wahl Mitterrands starb Bob Marley, was für ein schlechtes Omen!« (Klaus Kalchschmid)
DIE MAGNETISCHEN
Frankreich, Deutschland, 2021 | Regie: Vincent Maël Cardona | Mit: Thimotée Robart, Marie Colomb, Joseph Olivennes, Antoine Pelletier Musik: David Sztanke | 98 Minuten
Kinostart: 28. Juli
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