Georg Ringsgwandl packt die historische Skandalstory um »Lola M.« in ein höchst vergnügliches szenisches Konzert.
Georg Ringsgwandl – Lola M.
Eine sehr fesche Lola
Sie wusste stets den richtigen Zeitpunkt für ihren großen Auftritt – und den legt Lola Montez jetzt nach zwei Jahren Verspätung im Cuvilliéstheater mit Bravour hin. Antonia Münchow ist zwar blond und ähnelt nicht entfernt der historischen Lola, hätte aber mit ihrer sexy Ausstrahlung und Stimmgewalt den alternden König Ludwig I. auch sofort um den Finger gewickelt.
Ursprünglich plante der Autor, Komponist und Regisseur Georg Ringsgwandl eine Art Trash-Oper – ähnlich wie sein Musiktheaterspektakel »Ludwig II. – Die volle Wahrheit« 1998 an den Münchner Kammerspielen. Das für Frühjahr 2020 angekündigte Projekt wurde in der Pandemie-Wartezeit abgespeckt auf eine konzertante Version. Die Handlung wird nun nur noch erzählt in den 26 Songs und angedeuteten Spielszenen der vier Schauspieler. Aber diese vermitteln in 100 Minuten mit den frechen Liedern die royale Skandalaffäre und die Gedanken ihrer Protagonisten so plastisch und lebendig, dass man die Geschichte nicht mehr als Drei-Stunden-Oper braucht.
Knapp anderthalb Jahre dauerte die Liaison der angeblichen spanischen Tänzerin, damals 25, mit dem 60-jährigen Bayern-Monarchen, der ihr schwülstige Liebesgedichte widmete. Beim Volk machte sie sich durch ihre herrische Arroganz schnell so unbeliebt, dass der König sie im März 1848 aus dem Land jagen musste. Er dankte im selben Jahr ab. Bühnenbildner Volker Hintermeier hängte eine riesige Königskrone als Kronleuchter an den Bühnenhimmel, deren Edelsteine leuchten in Blau, Rot, Weiß oder Lila. Ein überwältigender Anblick. Rechts und links sitzt die Band, drei Musiker und zwei fabelhafte Bläserinnen, unter Leitung von Roman Sladek. Die Musik ist weniger rockig, sondern herrlich jazzig und mitreißend arrangiert. Mit kurzen Anleihen beim Volkslied oder einem Marsch. Anfangs humpelt Ringsgwandl als Ludwig von seinem Sessel im Hintergrund ans Klavier und klagt über seinen Arbeitsalltag: »Die anderen leben fürs Pläsier, während ich mir einen Wolf regier.« Der notorische Frauenheld jammert: »Ich war schon lang nicht mehr verliebt.« Prompt erscheint Lola und webt ihr Spinnennetz. Um sich gleich darauf zu beschweren, ihre Apanage sei eine Blamage – das reiche nicht für ihre Dior-Tüten. Antonia Münchow im glamourös glitzernden Hosenanzug (Kostüme: Lola Paltinger) trumpft furios auf mit toller Stimme und selbstbewusstem Charme.
Ludwigs Finanzsekretär Baron Heideck (Noah Saavedra gibt auch kurzzeitig einen Liebhaber Lolas) warnt vergeblich. Ihre Zofe (die Nicola Mastroberardino souverän mit Vollbart spielt) kämmt als Friseur auch mal dem König das Haar übers »Binkel«, sein auffälliges Muttermal. Die pfiffigen Songtexte bringen die Skandalstory zügig voran, nicht ohne komischkritische Selbstreflexion Ludwigs. Er sei »oid und damisch, sie gut beinand – des passt zsamm.« Am Ende gibt’s sogar ein Happy End, allerdings nicht für Lola und Ludwig. Schauspieler und Musiker*innen sind wunderbar, die Aufführung ist ein intelligentes Vergnügen, das fröhlich stimmt. Braucht man auch mal in diesen Zeiten. ||
LOLA M.
Cuvilliéstheater | 8., 16. Juni | 19.30 Uhr
Tickets: 089 21851940
Weitere Theaterkritiken gibt es in der kompletten Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
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