Maxi Pongratz ist ein valentinesker Avantgardist der bayerischen Musik. Das zeigt auch sein neues Album. Und er zeigt das am 27. Mai im Volkstheater
Maxi Pongratz
Maxis Traum
Sprachverspielt wandelt Maxi Pongratz auch auf seinem neuen Album »Meine Ängste« Wörter in Worte, die klangverspielt wie die textliche Fortsetzung seiner musikalischen Ideen in eben diese hineinklingen. Damit konstruiert er zum Beispiel eine Textur, die mit zum Teil mantraartigen Repetitionen den Blues aus Pongratz’ Akkordeonspiel aufsteigen lässt, nur um sich alsbald wieder wie ein Kanon von Pachelbel nebelartig auf jenen musikalischen Fluss zu legen, der schließlich mit einem »Walzer der Unentschlossenen« schließt. Und das ist ganz schön mutig für einen, der eingangs noch im Titelsong der eigenen Angst verspricht: »Für di trau i mir nix«. Denn dann wagt Maxi Pongratz, der mit seiner aktuell pausierenden Band Kofelgschroa selbst der trocknenden Wäsche ein musikalisches Denkmal zu setzen verstand, sich eben doch ein Stückchen weiter. Vielleicht nicht unbedingt in Bezug auf seine Angst, aber zum Beispiel für die »gschlamperten Gedanken«, die sich ungeordnet in seinem Kopf stapeln, wie Pongratz im »Ordnungslied« selbst singt.
Dann ordnet er aber auch jene Gedanken und strukturiert sie zu Geschichten, die er als avantgardistisch inspirierter Volksmusiker raffiniert zu erzählen weiß, ohne dabei der Pointe eine allzu große Bedeutung zukommen zu lassen. Darum wird zum Beispiel der Nachruf auf seine Oma mit der Feststellung »Für mich bist du nicht gestorben, sondern vermisst« gegen Ende auch immer schwungvoller, als wolle Pongratz die Verschiedene selbst noch einmal zu einem letzten wilden Tanz auffordern, als ob das Leben, dessen Endlichkeit der Vater noch mit einem Meterstab zu erklären wusste, am Ende doch unendlich weiterginge. Pongratz schreckt vor derart Metaphysischem nicht zurück, sondern holt es mit einer ihm eigenen Lakonik in die echte Welt. Er ist ein mundartpoetischer Zauberer der Übergangs, und das wissen auch zahlreiche Kollegen und Kolleginnen zu schätzen.
So liest sich die Liste der Gastmusiker seines Albums wie das Defilee der aktuell wichtigsten Musikerinnen und Musiker Münchens: Der Mandolinenspieler Ferdinand Kraemer von der Bluesformation Black Patti zum Beispiel gehört zum Team. Oder der Gitarrist Philip Bradatsch, den man gar nicht oft genug als die bayerische Reinkarnation des viel zu früh verstorbenen Nils Koppruch preisen kann. Die Bassklarinettistin Theresa Loibl, die auch mal die Tuba oder das Alphorn blasend geradezu omnipräsent im Münchner Musikleben zu sein scheint. Oder die Violinistin Maria Hafner und die Bratischistin Evi Keglmaier, die früher gemeinsam bei Zwirbldirn spielten und heute sowohl solo als auch in diversen Formationen brillieren. Das Spektrum der Gäste reicht bin hin zur ladinischen Sängerin und Perkussionistin Maria Moling, die in der Tourband von Hubert von Goisern einst ihre erste überregional erfolgreiche Band Ganes gegründet hatte. Auf seinen Konzerten zum neuen Album will Maxi Pongratz die neuen Lieder allerdings solo präsentieren. Trotzdem darf man hoffen, dass wenigstens bei der Münchner Releaseshow am 27. Mai im Volkstheater der eine Gastmusiker oder die andere Gastmusikerin dann doch das Bühnengeschehen erweitern. Das Konzert allerdings dürfte auch ohne solche Beistände ein Traum mit Happy End werden. So also, wie sich Pongratz seine Vision auf der neuen LP selbst vorstellt, intensiv und mit Anspruch. ||
MAXI PONGRATZ: MEINE ÄNGSTE (TRIKONT)
Volkstheater | Tumblingerstr. 29 | 27. Mai
20 Uhr | Tickets: 089 5234655
Weitere Konzertvorberichte finden Sie in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
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