Das Stars and Rising Stars Festival bringt die Jungen und die Etablierten der Klassik zusammen. Das hat Zukunft.
Stars and Rising Stars 2022
Auf dem Sprung
Man muss sich eine Veranstalterin als glücklichen Menschen denken. Ansonsten könnte sie schon einmal verzweifeln angesichts des Brockens, den sie alljährlich den Berg hinaufrollt und der dann doch immer wieder neu bewegt werden will. Auf der anderen Seite gibt es aber auch viel zu feiern. Denn Kari Kahl-Wolfsjäger und ihrem Team ist es gelungen, auch in diesem Jahr wieder das Festival Stars and Rising Stars auf die Beine zu stellen, zum inzwischen sechsten Mal und allen postpandemischen Irrungen und Wirkungen zum Trotz.
»An der inhaltlichen Ausrichtung habe ich eigentlich nichts geändert«, erklärt die künstlerische Leiterin des Festivals, die man als Grande Dame des Klassikgeschäfts, Intendantin und Netzwerkerin unter anderem vom Kissinger Sommer kennt, den sie von der Gründung an bis 2016 leitete. »Wir bringen junge Musiker und Musikerinnen auf der Bühne mit etablierten Künstlern und Künstlerinnen zusammen, die für ein Konzert quasi die Funktion von Mentoren übernehmen. Die jungen Leute bekommen einen Ansporn und Erfahrungen der etablierten Größen mitgegeben, das Publikum wiederum hat die Möglichkeit, berühmte Namen in neuen Zusammenhängen zu erleben, am besten sogar Entdeckungen für die Zukunft zu machen. Und außerdem versuchen wir, viele junge Leute in die Konzerte an ungewöhnlichen Orten zu locken, indem wir extra preiswerte Karten für den Publikumsnachwuchs bis 28 Jahre anbieten.«
Dieses übergreifende Konzept von Nachwuchsförderung, Erkundung neuer Konzertorte und überraschender Kombination von jungen und etablierten Größen hat während der vergangenen fünf Jahre bereits viel Zuspruch erfahren. Sogar während der vergangenen beiden kritischen Veranstaltungsrunden war es Stars And Rising Stars gelungen, viele der geplanten Konzerte unter strengen Bedingungen durchzuführen, um der wunderbaren Musik willen, aber auch um der Austrocknung des Konzertwesens aktiv entgegenzutreten. Die Kontinuität wurde gewahrt und so kann auch in diesem Jahr das Festival wieder seine Tore öffnen, um neue Kombinationen zu wagen.
Auf der Seite der Stars stehen Begegnungen mit Okka von der Damerau (Eröffnung am 13.5.), Alfred Brendel (14.5.), Ekatarina Sementchuk und Vladimir Jurowski (17.5.), Daniel Hope (19.5.), Valer Sabadus (20.5.), Klaus Maria Brandauer (22.5.), Julian Prégardien (23.5.), Daniel Müller-Schott (24.5.) und Arabella Steinbacher (27.5.) auf dem Programm. Zu ihnen gesellen sich über zwanzig Rising Stars, die zum Teil wie der Geiger Tassilo Probst, seine Instrumentalkollegin Clara Shen oder die Pianisten Amadeus Wiesensee und Clayton Stephenson schon bei früheren Festivalausgaben zu erleben waren. Darüber hinaus sind aber auch zahlreiche neue Künstler und Künstlerinnen dabei, wie die Pianist Eric Lu, die Baritone Matthias Winckhler und Wolfgang Holzmaier, die Geigerin Laura Handler oder die Sopranistin Anna El-Khashem.
Inhaltlich stehen Lesungen mit musikalischem Kontrapunkt ebenso auf dem Programm wie kammermusikalische Projekte, Gesangsabende und ein Orchesterkonzert. Mindestens bei einem der Termine ist auch meteorologischer Optimismus im Spiel, wenn etwa im Schloss Blutenburg zumindest die Option eines frühlingshaften Abends unter freiem Himmel vorhanden ist, ansonsten gibt es mit der Freiheitshalle, dem Amerikahaus, dem Künstlerhaus am Lenbachplatz, dem Sudetendeutschen Museum und dem Wilhelmsgymnasium sehr unterschiedliche Räume für die Konzerte, die nicht nur die Atmosphäre, sondern auch die Vielfalt des Publikums erweitern.
Damit bleibt das Festival eines der ungewöhnlichsten Musikereignisse des Münchner Kulturlebens mit einer Funktion, die weit über den eigentlichen Kunstgenuss hinausreicht. Denn schon vor der Pandemie und deren Einbremsungen hatten junge Künstler und Künstlerinnen es schwer, im stetig wachsenden internationalen Konkurrenzgeflecht wahrgenommen zu werden. Inzwischen sind Veranstaltungen wie das Stars And Rising Stars Festival mehr noch als früher echte Chancen, um das kleine Plus an Aufmerksamkeit zu generieren, das einer Karriere auf die Sprünge hilft. ||
STARS AND RISING STARS FESTIVAL 2022
Freiheitshalle, Schloss Blutenburg, Amerikahaus u.a. | 13.–22. Mai
verschiedene Zeiten | Tickets: 089 54818181
Weitere Vorberichte zu Konzerten in München finden Sie in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
Das könnte Sie auch interessieren:
Future Sounds: Das Krautrock-Buch von Christoph Dallach
Sting, Jeff Beck, Johnny Depp: Live beim Tollwood
Jonny spielt auf: Ernst Kreneks Oper am Gärtnerplatztheater
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton