Morgen könnte sich entscheiden, ob die 2G+ Regelung in der bayerischen Gastronomie eingeführt wird. Die Kultur leidet bekanntlich schon länger unter leeren Sälen und steht als Branche zweiter Klasse da. Ein Kommentar von Christiane Wechselberger aus der aktuellen Ausgabe.
2G+ Regelung: Bayern ist kein Kulturland
Die Theater befinden sich gerade in einem Quasi-Lockdown. Während Wirtshäuser und Restaurants in manchen Gegenden der Stadt proppenvoll sind, wenn auch nur bis 22 Uhr, dürfen Theater, Kinos und andere Kulturstätten gerade mal ein Viertel ihrer Plätze besetzen, und das, obwohl das Publikum im Gegensatz zur Gastronomie dort zusätzlich noch getestet sein und durchgängig FFP2-Maske tragen muss. Das Ergebnis sind leere Theater, weil potenzielles Publikum durch den zusätzlichen Testaufwand abgeschreckt wird. Diese Regel gilt nur im Freistaat Bayern, der die Kultur offensichtlich missachtet. Anders sind derart unverhältnismäßige, überzogene und in den Ruin treibende Vorschriften für Kulturveranstaltungen nicht zu erklären.
Skiliftbetreiber haben eine erkennbar schlagkräftigere Lobby als Kulturveranstalter. Die dürfen ihre durchaus weniger geräumigen Gondeln zu 75 Prozent befüllen. Das findet der Verband freie darstellende Künste Bayern e.V. geradezu obszön und fordert in einem offenen Brief an die Bayerische Staatsregierung »die Ungleichbehandlung des Kulturbetriebs gegenüber vergleichbaren Bereichen von Wirtschaft und öffentlichem Leben sowie den Ausschluss ungeimpfter Minderjähriger aus dem rezeptiven und partizipativen Kulturbetrieb schnellstmöglich zu beenden«. Darüber hinaus fordert der Verband »eine schnelle Nachbesserung der bestehenden Hilfsprogramme und einen Wiederaufbau des Kulturbereichs nach Corona mit sinnvollen Projektstipendien für freie Kunstund Kulturprojekte« sowie die »Aufstockung und Überarbeitung« von Regelförderprogrammen. Da bei den Kultureinrichtungen keine Millionen von Euro an Provisionen zu holen sind, wird sich der Drang der herrschenden Politiker, hier unterstützend tätig zu werden, wahrscheinlich in extrem engen Grenzen halten. Das ist ein Armutszeugnis für die Kulturpolitik und nicht das erste in dieser Pandemie.
Weitere Texte finden Sie in der kommpletten Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
Das könnte Sie auch interessieren:
Mia san mia/Sie kam aus Mariupol: Kammerspiele-Uraufführungen
Volkstheater: Vier Bühnen in Oberbayern
(K)ein Puppenheim: Die Ausstellung im Münchner Stadtmuseum
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton