Der ARD-Musikwettbewerb feiert seine 70. Ausgabe. Und er fordert im Jubeljahr von allen viel Flexibilität.
70. ARD-Musikwettbewerb
Alles bleibt anders
»Ich bin immer für Präsenz«, sagt Frank Michael Erben. Der 55-jährige Konzertmeister beim Gewandhausorchester Leipzig ist einer von sieben Juroren beim ARD-Wettbewerb im Fach Geige. Und er muss sich ebenso umstellen wie seine Prüflinge, denn in diesem Jahr ist alles anders. Der Wettbewerb, der 2021 mit seiner 70.Runde ein Jubiläum zu begehen hat, startete bereits in den vergangenen Wochen mit verändertem Procedere. Denn die zugelassenen Bewerber in den Kategorien Klavierduo, Horn, Gesang und eben Geige absolvierten ihre erste Runde aus dem Homeoffice. Ihr Programm hatten sie vergangenen Juni als Videoaufnahme einzureichen, und zwar in einem Take – kein Publikum, keine Jury im Saal. Das mag auf den ersten Blick ganz entspannt erscheinen, ist aber in seiner Laborsituation für viele noch fordernder und damit zugleich ungewöhnlich nicht nur für die Kandidaten, sondern auch für den Juror Frank Michael Erben. Auch er hatte anschließend im stillen Kämmerlein aus 57 Videos jene Kandidaten auszuwählen, die für ihn in den zweiten Durchgang sollten. »Also, das ist wirklich nur ein Vehikel, um die gegenwärtige Problematik zu entschärfen«, findet Erben. Es sei aber wichtig, den Wettbewerb stattfinden zu lassen. »Das Schlimmste wäre, noch einmal zu verschieben und wieder einen Ausfall zu haben. Denn für die jungen Leute, die motiviert sind und diesen Push für ihre Karriere brauchen, wäre das fatal«, kommentiert Erben die Situation nach dem Ausfall des Wettbewerbs im vergangenen Jahr.
Ab dem zweiten Durchgang sind die weiteren Runden – Semifinale und Finale – wie gewohnt geplant. Das heißt, es geht ab dem 2. September mit dem Fach Klavierduo und zugelassenem Publikum in der Münchner Musikhochschule mit echten Konzerten los. Bis zum 12. September dauert der ARD-Musikwettbewerb in diesem Jahr, der dann mit dem Finale im Fach Geige im Herkulessaal der Münchner Residenz enden wird. »Nicht jede und jeder, die oder der aus München mit einem Preis im Gepäck abreist, macht die ganz große Solistenkarriere«, kommentiert Oswald Beaujean, der neben Meret Forster Künstlerischer Leiter des Wettbewerbs ist, im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk die Bedeutung der international hoch geschätzten Veranstaltung. Das lasse sich nicht vorausbestimmen und liege auch bis zu einem gewissen Grad in individueller Hand. »Aber aus dem ARD-Musikwettbewerb sind über die Jahrzehnte wirklich viele große Künstlerpersönlichkeiten hervorgegangen.« Weil er ein hohes Renommee hat und herausragende Talente präsentiert, sei der ARD-Musikwettbewerb außerdem ein Publikumsmagnet, ergänzt Meret Forster: »Mitzuerleben, wie begabte junge Musikerinnen und Musiker mit ungebremster Leidenschaft ein breites Spektrum toller Musik zum Klingen bringen, ist eine unglaubliche Bereicherung.« Und das geht noch immer am besten mit echter Musik auf der Bühne und realem Publikum im Saal. ||
ARD-MUSIKWETTBEWERB 2021
Musikhochschule, Herkulessaal, Gasteig/Carl-Orff-Saal, Bayerischer Rundfunk, Prinzregententheater | 2.–17. September
Tickets: 089 590010880
Weitere musikalische Neuigkeiten aus München gibt es in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
Das könnte Sie auch interessieren:
LaBrassBanda »Yoga Symphony No.1«: Interview zum Album
Tollwood Winterfestival 2022
Sophie Hunger: Am 7. Dezember in Muffathalle
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton