Aus der Jazzbar Vogler kommt mit »Der kotzende Hund« jetzt auch ein eigenes Buch. Und mit ihm eine Hymne an die Kultur des Nachtlebens.

Jazzbar Vogler

Der freundliche Blick

jazzbar vogler

Wirt, Musikfreund und irgendwie auch Literat: Thomas Vogler | © Ralf Dombrowski

In einer Typologie der Kneipenwirte würde Thomas Vogler in der Kategorie »unbeirrbarer Restidealist« landen. Denn wäre er nicht von einer fast schon surrealen Mischung aus Basishumanismus, diplomatisch kreativer Ausdauer und undiplomatischem Trotz beseelt, hätte er das Projekt Jazzbar lange schon wieder ad acta gelegt. So hingegen hat er weiterhin Spaß an den Menschen, der Musik, am Tresen an sich, und Widerstände scheinen ihn zwar nicht zu entzücken, aber doch so grundlegend herauszufordern, dass er seine Livebühne in der Rumfordstraße unweit des Viktualienmarktes seit bald 24 Jahren durch die Untiefen des Münchener Gastrodschungels navigiert. Corona ist da nur eine Irritation von vielen, die ihm im Laufe der Zeit begegnet sind. »Es ist alles andere als toll«, meint Vogler auf die Folgen der Pandemie-Maßnahmen angesprochen. »Aber es gab auch viel Hilfe, privat, von öffentlicher Seite und von den Gästen.« So wurde zum Beispiel gespendet, nicht nur für die Bühne, sondern auch für einen Jazzbar-Sozialfonds, mit dem er Geld für die Musiker gesammelt hat, die durch alle Raster der Soloselbstständigkeit fallen. »Es sind oft kleine Beträge, aber sie helfen manchmal über eine unmittelbare Notsituation hinweg, damit es weitergehen kann«, erzählt er weiter und verweist darauf, dass er damit ja auch ein wenig Wertschätzung der Gäste für die Musik weitergeben
kann.

Solche Aktionen sind ihm wichtig. Im Laufe der Jahre hat Thomas Vogler Benefizkonzerte für verschiedene Projekte unterstützt, bei denen seiner Meinung nach die Gerechtigkeit zu kurz kam. Er hat sich mit der GEMA und dem Kreisverwaltungsreferat, mit Behörden aller Schattierungen auseinandergesetzt, hat intransparente Fördertöpfe und die Abschiebepraxis der Landeshauptstadt hinterfragt, Antisemitismus angeprangert, Benefizkonzerte für syrische Flüchtlingskinder, Ärzte ohne Grenzen, Jazz gegen Rechts möglich gemacht. Und vieles mehr. Wie viel, kann man jetzt erahnen, wenn man sein Buch »Der kotzende Hund« in die Hand nimmt: »Mit dem Gedanken, einige der Geschichten aufzuschreiben und als Buch zu veröffentlichen, habe ich schon länger gespielt. Ohne die Lockdown-Wochen aber hätte ich wahrscheinlich nicht die Zeit dazu gehabt, das alles in eine Form zu bringen.«

Das wäre ein Jammer gewesen. Denn Thomas Vogler hat nicht nur Spaß an seiner Bar, er kann seine Beobachtungen auch pointiert in Worte fassen. Viele der Kurzgeschichten sind anekdotisch, skizzieren Eigenheiten und Eigentümlichkeiten, Absurditäten und Grenzwertmomente. Man erfährt von Clowns und Helden, unsinnigen Verordnungen und sinnvollen Ordnungshütern, lernt nebenbei einiges über das Viertel, dessen Bewohner und ein Vierteljahrhundert Nachtleben in München. Und auch da bleibt Thomas Vogler ganz Philanthrop. Denn es gelingt ihm, all die Charakterköpfe zum Teil mit spitzer Feder unterhaltsam zu beschreiben, ohne jemanden dafür bloßstellen zu müssen. Das hat Stil und passt zu einer Bar, die sich, wie andere Lokale auch, im Anschluss an den Lockdown ein wenig neu finden muss. Das anekdotische Manifest zur eigenen Geschichte kann die Jazzbar Vogler jedenfalls aus der Krise mit in die nächsten Jahre nehmen. ||

THOMAS VOGLER: DER KOTZENDE HUND. KURZ-GESCHICHTEN EINER BAR
Im Eigenverlag erschienen | 144 Seiten | kann
vor Ort in der Bar oder über den Buchhandel für
9,99 Euro erworben werden
Website | Rumfordstr. 17 | Kontakt:089 294662

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