Die spezielle Gemeinschaftsausstellung »FOR FREE*« in der Galerie Andreas Binder ist eine wahre Fundgrube.
Galerie Andreas Binder: »FOR FREE*«
Unter Solidaritätsbedingungen
Es ist eine Ausstellung, die aus dem Rahmen fällt, nicht nur, weil die meisten der über hundert Werke – ein Werk pro Künstler – nicht gerahmt sind. Die Ausstellung »FOR FREE* (*artists are not working FOR FREE)« in der Münchner Galerie Andreas Binder setzt Maßstäbe in Zeiten, in denen die Kultur – pandemiebedingt – weitgehend ein Schattendasein führt. Das von der Stiftung Kunstfonds geförderte Ausstellungsprojekt bietet nicht nur ungewöhnlich vielen Künstlern die Chance, ihre Kunst zu präsentieren, sondern es ist auch ein deutliches Signal in Zeiten der Krise: Künstler arbeiten nicht umsonst, wie schon der Titel der Schau deutlich macht – und Solidarität ist gefragt. Tatsächlich werden in dieser exemplarischen Ausstellung sämtliche Verkaufserlöse zu exakt gleichen Teilen unter allen beteiligten Kunstschaffenden aufgeteilt.
Eine bewundernswerte Idee, die vielleicht ja beispielhaft für die Zukunft wirken könnte, nicht nur für die bildende Kunst. Wer weiß? Initiiert und konzipiert hat die Schau der Münchner Künstler Daniel Man, dessen künslerische Wurzeln in der Graffiti-Bewegung liegen und der später in Braunschweig bei Walter Dahn und in München als Meisterschüler bei Markus Oehlen studierte. So überrascht es nicht, dass auch der Münchner Sprayer-Pionier Loomit mit von der Partie ist. Eine thematische oder sonstige Vorgabe für die Kunstwerke gab es ohnehin nicht, außer der Größe, die etwa dem Format DIN A3 entsprechen sollte, also ungefähr 30×40 cm. Die Preise liegen zwischen 200 Euro und 4500 US-Dollar.
Ein breites Spektrum bieten auch die einzelnen Arbeiten, jeder Künstler konnte präsentieren, was er wollte. Und so sind Zeichnungen, Aquarelle, Fotografien, Gemälde und plastische Wandarbeiten zu bewundern: abstrakte sowie gegenständliche Werke. Einige der Akteure ließen es sich dabei nicht nehmen, die augenblickliche Pandemie-Situation zu thematisieren. Brad Downey etwa schreibt in seiner Arbeit »Mask Mask Mask« die Wörter Masks, Masks, Masks mit Filzstift aufs Papier, und auf der Arbeit des Künstlers Won – Stoff auf Pappe – kann man lesen: »All Coronas Are Bastards«. Und Daniel Müller Schott, eigentlich Cellist, schreibt in bunten Farben aufs Papier »The Need of Music and Art« und bringt damit zur Sprache, worum es in der Kunstszene gerade geht und was diese Ausstellung – was die Kunst angeht – wunderbar demonstriert. Etwas abstrakter, aber wohl auch nicht rein zufällig lässt Heike Weber in ihrer Arbeit »Glück« (Ecoline auf Aquarellpapier) das so verheißungsvolle Wort in roter Schreibschrift etwas ins Abwärts zerfließen.
Die weitaus meisten der ausgestellten Werke nehmen allerdings nicht auf die augenblickliche Situation Bezug, sie stehen einfach für sich – und begeistern nicht selten. Unter den Künstlerinnen und Künstlern befinden sich viele Namen, die man kennt, nicht nur aus früheren Ausstellungen in der Galerie Andreas Binder. Fangen wir mit den Künstlerinnen an: Caro Jost, Haiying Xu, Sophie Schmidt, Stefanie Zoche, Anna Krammig – allesamt Müncherinnen – oder die Berlinerin Tina Berning. Zu den prominenten Positionen unter den Künstlern zählen Bernd Zimmer, Philipp Lachenmann, Matthias Meyer und die Fotokünstler Dieter Rehm, Roland Fischer, Martin Fengel und Stefan Hunstein.
Zum Schluss noch ein Statement des Galeristen Andreas Binder, das auch von seiner Frau geteilt wird: »Wir wollten zeigen, dass es ein kollektives Bewusstsein und Solidaritätsgefühl innerhalb der Künstlerschaft gibt.« Ein Plan, der ganz offensichtlich hervorragend gelungen – und bei Publikum und Öffentlichkeit gut angekommen ist. »Weitere Projekte in der Richtung«, so Binder, »wird es sicherlich geben«. ||
FOR FREE*
Galerie Andreas Binder | Knoebelstr. 27
bis 5. Juni | Di bis Fr 12–18 Uhr, Sa 11–15 Uhr
Besuch unter den aktuellen Bedingungen »Click and Collect« mit negativem Schnelltest innerhalb der letzten 24 Stunden oder negativem PCR-Test innerhalb der letzten 48 Stunden, Anmeldung: info@andreasbinder.de | Tel. 089 21939250
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