Die Villa Waldberta in Feldafing ist ein Platz für die Kunst. Zur Zeit wird dort auch Jazziges erarbeitet.
Villa Waldberta: Haus am See
»Wenn der letzte Ton verklungen ist, und es ist Stille, das ist erstmal ein komisches Gefühl.« So beschreibt die Saxofonistin Silke Eberhard die derzeitige Situation im Lockdown, im Allgemeinen und auch in Bezug auf Konzerte, die seit Monaten nur noch in einer Art digitalen Laborsituation stattfinden können. Die Trägerin des Jazzpreises Berlin 2020 hat auch ihren viel beachteten Auftritt beim Jazzfest Berlin Anfang November letzten Jahres nicht als Konzert, sondern als Livestreaming absolviert. Alles seltsam, findet sie, das Publikum im Konzertsaal geht der 1972 geborenen Musikerin wie vielen anderen Künstlern doch einigermaßen ab. Dafür erlebt die Jazzerin seit Beginn des neuen Jahres einen ganz besonderen Winteraufenthalt. Zusammen mit einer Reihe anderer Auserwählter zählt sie zu den Stipendiaten der Villa Waldberta, eingeladen von der Stadt München, die das Haus am Starnberger See nahe Feldafing zur Förderung von herausragenden Künstlern betreibt.
»Ich kann den ganzen See überblicken«, freut sich Eberhard über ihr vorübergehendes Domizil, das sie als »echten Kontrast« zur gewohnten Umgebung im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg empfindet. Auch ihr Mann, der Trompeter Nikolaus Neuser, gehört zu den derzeitigen »Artists in Residence Munich«. Mit ihm und dem Schlagzeuger Christian Marien bereitet Eberhard zwei Streaming Auftritte für den 12. und 13. Februar im Münchner Kulturzentrum Schwere Reiter vor. Es geht unter anderem um Musik der Jazzlegende Charles Mingus. »I Am Three« heißt das Programm, das Eberhard und ihre Kollegen 2016 als CD herausgebracht haben. »Mingus hatte ja eine Kollektiv-Band, von der er verlangte, dass sie alles auswendig spielt«, sagt die Saxofonistin über den 1979 gestorbenen Bebop-Jazzer. Das machen die drei auch, wenn sie auch sonst gerne nach Noten spielen bzw. Noten schreiben. Denn die Hauptarbeit als Stipendiatin in der Villa Waldberta sei das Komponieren. »Hier in Feldafing bin ich nicht so abgelenkt wie in Berlin«, erklärt Eberhard und genießt auf diese Weise die Zeit im Haus am See als Perspektive der Gestaltung.
Gefördert von der Stadt München komponiert sie für ihr Tentett »Potsa Lotsa« und eine koreanische Kollegin, die wegen der CoronaLage zur Zeit nicht in Deutschland sein kann. Die spielt die koreanische, der Koto ähnliche Wölbbrettzither und soll damit den Solopart in einem der Tentett-Programmpunkte bekommen. Für Eberhard ein Experiment, asiatische Klänge und Jazz miteinander zu verknüpfen. Zwischendurch macht sie immer wieder Pause vom Komponieren, um mit den anderen Stipendiaten in der Villa Waldberta zu jammen, wie etwa mit Etienne Rolin. Der in Kalifornien lebende Franzose ist als bildender Künstler in die Villa Waldberta eingeladen und ist dazu noch Saxofonist. Über noch einen anderen Austausch freut sich Silke Eberhard. Nämlich den mit der argentinischen Tänzerin Cecilia Loffredo. »Ich mache ja in Berlin auch viel mit Tanz«, sagt sie und lacht. Beim Konzert werden dann außerdem der Soundtüftler Gunnar Geisse, der Schlagzeuger Christian Marien, der Gitarrist Nicola L. Hein und die Lichtkünstlerin Viola Yip mitwirken. Viele Perspektiven also für Neues, gefördert von der Stadt mit Blick aufs Wasser. ||
VILLA WALDBERTA @ SCHWERE REITER:
MUSIC MOSAICS – SOUND & LIGHT IN PROGRESS
schwere reiter | 12./13.März | 20 Uhr (stream)
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