Unser Blick nach Österreich: In Graz und Linz, in der Steiermark und im Burgenland und auch am Fuße des Vernagtferner-Gletschers tobt das kulturelle Leben. Nix wie hin!

Sommer und Herbst in Österreich: Die Welt neu vermessen

DISKURSGARTEN BEIM LINZ ARS ELECTRONICA FESTIVAL 2020

Wird die Welt eine andere sein, wenn Corona irgendwann vorbei ist? Wenn ja: Was erwartet uns? Diese Frage steht im Mittelpunkt der diesjährigen Ars Electronica und der Reise durch »Kepler’s Gardens«: Eine Reise durch die vernetzten Biotope und Ökosysteme, in denen weltweit an der Entwicklung, Gestaltung und nicht zuletzt der Rettung unserer Zukunft gearbeitet wird. Eine Reise zu und mit vielen engagierten Communities, Initiativen und Institutionen, die nicht nur über die aktuellen Probleme nachdenken, sondern bereits an konkreten Aktionen und Lösungen arbeiten. »Kepler’s Gardens« ist nicht nur der Austragungsort des Festivals auf dem Campus der Linzer Johannes-Kepler-Universität inmitten weitläufiger Parkanlagen, sondern spiegelt auch das Festivalkonzept. Alle Themen sind geprägt von der allgemein spürbaren »Uncertainty« und der Frage, wie die Krise Individuen und Gesellschaft, als »Humanity«, verändern wird. Vor allem zwei Spannungsverhältnissestehen dabei im Fokus: »Autonomy – Democracy« und »Technology – Ecology«.

Eine Festivalmeile mit 100.000 Besuchern wie sonst bei einem der weltweit wichtigsten Festivals für Kunst an den Schnittstellen zu Wissenschaft, Technik und allem, was irgendwie nach Zukunft klingt, wird es heuer nicht geben. »Für uns als Festivalmacher kann das nur heißen, neue Wege zu finden, wie wir gerade jetzt Fragen unserer Zukunft bearbeiten können. Wir werden daher im Herbst erstmals zu einer Ars Electronica laden, die nicht nur in Linz, sondern an weiteren 120 Orten weltweit und parallel auch im Netz stattfindet«, sagt Gerfried Stocker, der künstlerische Leiter. »Wir wollen und können nicht akzeptieren, dass uns diese Pandemie nötigt, all das, was unsere pluralistische Gesellschaft ausmacht, einfach auszusetzen. Gerade mitten in dieser Krise dürfen wir nicht einfach zu Hause bleiben, sondern müssen aktiv und kreativ darangehen, neue Formen des Dialogs und Austausches zu erproben.« 2020 findet die Ars Electronica also nicht trotz, sondern wegen Corona statt.

In vielfältigen Veranstaltungen geht es um neue Formen und Möglichkeiten der Fusion und Koexistenz von Analog und Digital, von Real und Virtuell, von physischer und telematischer Nähe. Auf drei Bühnen und in den Campusgebäuden finden Vorträge und Prä- sentationen, Performances und Konzerte, Konferenzen und Ausstellungen statt. Ein Fixpunkt des diesjährigen Festivals ist das weitläufige Areal »create your world«, eine inspirierende Spielwiese für experimentierfreudige Kinder und Eltern. Spielorte neben dem Campus sind das Ars Electronica Center, das OK im Oberösterreichischen Kulturquartier, die Tabakfabrik, die Kunstuniversität und der öffentliche Raum. Dazu kommen 120 »Kepler’s Gardens« rund um den Globus: Erstmals erprobt sich das Festival als digitales Reisebüro, das Besucher aus aller Welt zu ebenso faszinierenden wie inspirierenden »Gärten zwischen Kunst, Technologie und Gesellschaft« bringt, darunter die »Ars Electronica Gardens« in Barcelona, Amsterdam, Vilnius, Tokio, Seoul, Johannesburg, Buenos Aires, Boston, Los Angeles und im Silicon Valley. An all diesen Orten mit ihren Partnerinstitutionen widmen sich Künstler, Wissenschaftler, Entwickler, Unternehmer und Aktivisten der Frage, wie die Welt nach – oder mit? – Corona aussehen soll.

»Kepler’s Gardens‹ ist ein facettenreiches Plädoyer für Wissenschaft und Kunst, nicht bloß als Treibstoff für die Wirtschaft, sondern als die Basis für Kultur und Zivilisation. Nichts scheint im Moment wichtiger, als die Oasen zu vernetzen und den intensiven intellektuellen, künstlerischen, menschlichen Kontakt, Austausch und Dialog aufrechtzuerhalten und uns gegen die Wüste zu stellen, die sich aus Angst, Abschottung, gesellschaftlicher Segregation, Entsolidarisierung und die in der aktuellen Krise so schmerzhaft sichtbaren sozialen und ökonomischen Diskriminierungen nährt und immer weiter ausbreitet. Das ist und war immer eine der zentralen Aufgaben von Kunst und Kultur, eine Aufgabe, die nur in Zusammenarbeit mit Wissenschaft, Technologie und Gesellschaft zu schaffen ist«, heißt es in der Ankündigung. Man darf sicher sein, dass Stocker ernst meint, was er sagt. Die Ars Electronica 2020 ist definitiv ein Notto-miss-Termin. ||

ARS ELECTRONICA FESTIVAL 2020
Linz | 9.–13. September

»ABOUT NATURAL LIMITS«

Abseits der Landeshauptstädte, in den Tourismusregionen Südburgenland und der Südoststeiermark, lässt sich die Synergie von Mensch, Natur und Kunst besonders gut wahrnehmen. Diese Erkenntnis und die Leidenschaft für zeitgenössische Kunst gaben vor vier Jahren den Impuls für die Gründung des Vereins HOCHsommer. Seitdem findet regelmäßig im August der dezentrale Ausstellungsparcours statt. In diesem Jahr beschäftigen sich zwölf Kunst-initiativen und Kunstinstitutionen und 117 Künstlerinnen und Künstler aus Österreich, Slowenien, Deutschland, Kroatien, Großbritannien, Schweden, Georgien und Kolumbien mit Natur und Natürlichkeit, Umwelt und ihren Grenzen in der realen und virtuellen Welt, vor allem aber mit der Frage, welche Position der Mensch dabei einnimmt. Neben Einzel- und Gruppenausstellungen gibt es Performances, Filmvorführungen, Lesungen und Konzerte. Die Öffnungszeiten (täglich 10–13 und 17–21 Uhr) sind gut mit dem Programm zu kombinieren, wegen dem man sonst in die Region fährt: durch Weinberge wandern, Weine verkosten, über hochmoderne Architektur staunen, in Buschenschänken und Sternerestaurants einkehren, immer den nächsten Genuss vor Augen. ||

HOCHSOMMER 2020
Südburgenland und Südoststeiermark
8. bis 16. August

Weitere Österreich-Tipps (Graz Kulturjahr, Steirischer Herbst und Lawine Torrèn) gibt es ab jetzt in der aktuellen Ausgabe oder Anfang September hier.

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