Taika Waititi zeigt in seiner Satire »Jojo Rabbit« das Dritte Reich durch die Augen eines Kindes.
HJ-Bursche und Hasenfuß, das ist der zehnjährige Johannes Betzler. Deshalb nennen ihn alle nur Jojo Rabbit und er hat sich zum Trost einen imaginären Freund zugelegt. Nein, keinen zwei Meter großen Hasen, sondern Adolf Hitler. Der rät ihm dazu, seine Identität zu umarmen – und so ein guter Nazi zu werden. Als Jojo dann aber feststellt, dass die Mutter eine Jüdin im Haus versteckt, bröckelt Jojos kindlicher Fanatismus, und er muss sich fragen, ob Adolf wirklich ein Freund ist.
Die Stärke des Neuseeländers Taika Waititi sind schrullige Independentproduktionen, die ironisch einen Perspektivwechsel herbeiführen. Das hat er mit »5 Zimmer Küche Sarg« und »Wo die wilden Menschen jagen« bewiesen. Er macht aus dem dunklen Roman »Caging Skies« von Christine Leunens eine sentimentale Satire, die in ihren lauthals lachenden Momenten am stärksten ist, weil sie die Beliebigkeit und Banalität von Fanatismus als kindischen Impuls entlarvt. Das funktioniert über weite Strecken des Films, gerade auch wegen des groß- und blauäugigen Staunens, das die Schauspielentdeckung Roman Griffin Davis der Figur des Jojo verleiht. Doch fehlt ein Gegengewicht zu dieser Perspektive, das die Perfidie der Nazirhetorik und den Abgrund des Dritten Reichs reflektiert. Der niedlich-kindliche Blick allein trägt das nicht über den gesamten Film und relativiert Waititis Darstellung des Fantasie-Führers beizeiten zu einem ulkigen Kasper in Uniform. ||
JOJO RABBIT
USA, Neuseeland 2019 | Drehbuch und Regie: Taika Waititi nach dem Roman von Christine Leunens | Mit: Roman Griffin Davis, Thomasin McKenzie, Scarlett Johansson, Taika Waititi, Sam Rockwell | 108 Minuten | Kinostart: 23. Januar
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