Guy Nattiv erzählt in »Skin« die wahre Geschichte des Neonazi-Aussteigers Bryon Widner.
Das ist Bryons Familie: Leute, die von Hass, Gewalt und Machtkämpfen getrieben werden. Sein Zuhause hat er bei einer White Supremacist-Gruppe gefunden. Bryon (Jamie Bell) trägt seine rassistische Einstellung unmissverständlich nach außen, Körper und Gesicht sind mit Runen und Blut und Ehre-Symbolen übersäht. Wer seine Einstellung immer noch nicht verstanden hat, wird Opfer seiner Wut. Richtig erfüllend scheint dieses Leben trotzdem nicht zu sein. Wirkliche Liebe zeigt er nur seinem Hund Boss.
Für »Skin« hat sich der israelische Regisseur Guy Nattiv der wahren Geschichte von Bryon Widner angenommen, einem ehemals vom FBI gesuchten Neonazi, der sich entschloss aus der Szene auszusteigen. Und das ein ist schwererer Schritt, als es scheint. Der Wendepunkt in seinem Leben kommt, als er die alleinerziehende Mutter Julie (Danielle Macdonald) kennen lernt. Zum ersten Mal findet er Geborgenheit, die nicht an bedingungslosen Gehorsam geknüpft ist, und so beginnt er, seine bisherigen Einstellungen zu hinterfragen. Seine ehemalige Familie zeigt jedoch deutliches Missfallen an seinem neuen bürgerlichen Leben. Und so beginnt ein tödlicher Kampf um sein persönliches Glück.
Nattiv zeigt in »Skin«, welchen Preis eine ideologische Kehrtwende in diesem Milieu hat. Flucht und ständige Angst ums nackte Überleben sind an der Tagesordnung. Dies wird verdeutlicht durch die schmerzhafte Entfernung der Tattoos, die auch der echte Bryon Widner jahrelang über sich ergehen ließ. Diese Szenen und Jamie Bells beeindruckendes Schauspiel sind die intensivsten Bausteine des Films. Leider ist die Geschichte ansonsten recht konventionell erzählt. Sicher hat ein Film, der auf wahren Begebenheiten beruht, immer ein gewisses Maß an Vorhersehbarkeit. Aber die hätte Nattiv aufbrechen können, indem er die Szene an sich und die Wurzeln ihres Hasses mehr in den Fokus gerückt hätte. Diese bleiben aber Randnotizen. Trotzdem ist »Skin« ein sehenswerter Film, der sich ohne Sentimentalität einem Thema nähert, das vielen Zuschauern sicher nicht geläufig ist. ||
SKIN
USA 2019 | Regie: Guy Nattiv | Mit: Jamie Bell, Danielle Macdonald, Vera Farminga u. a. | 118 Minuten
Kinostart: 3. Oktober
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