Die Sleaford Mods sind wütend. Und sie machen Musik mit Haltung daraus.
Derzeit gibt es wohl keine Musik, die so viel Arbeiterklassensmog verbreitet, wie die der Sleaford Mods. Scherben in der Gosse, versiffte Pubs, ausgeschlagene Zähne – so schmeckt die Welt des Duos aus Nottingham. Natürlich sind das alles billige Klischees, aber bei den stampfenden Tiraden der Band wirkt das wunderbar authentisch. Edle Working Class Heroes? Forget it! Allerdings sind die Sleaford Mods nichts, was sich der normale Arbeiter nach Feierabend um die Ohren haut. Eher schon der verhipsterte Kunststudent. Andrew Robert Lindsay Fearns Musik ist eine pulsierende Melange aus Punk und Hip-Hop. Darüber rumpeln die wütenden Gedankenströme von Jason Williamson, vorgetragen im schönsten East-Midlands-Dialekt. Gesang ist das nicht mehr, Rap eigentlich auch nicht. Eher das versoffene Berserkern eines Freaks in der Speaker’s Corner im Hyde Park. The Fall für das neue Jahrtausend.
Der ganze Wahnsinn begann 2007, als Williamson und sein ehemaliger Mitstreiter Simon Parfrement die Band ins Leben riefen. Sechs Jahre später wurde durch das Album »Austerity Dogs« auch eine breitere Masse auf die Sleaford Mods aufmerksam. Zu der gehören auch heute noch die angesprochenen Jutebeutelträger und -trägerinnen. Williamson sieht das entspannt: »Ich mag Hipster auch nicht, aber sie gehören zum modernen Leben.« Weniger gnädig geht er mit den Politikern seines Landes ins Gericht. Auch wenn es um das Thema Brexit geht: »Ich würde gern bleiben, also in der Europäischen Union, ich mag Europa. Ob ein zweites Referendum helfen würde, weiß ich nicht. Es bleibt verlogen, zynisch und irrational. Auch die Gesichter bleiben. Armleuchter, allesamt.« Die Sleaford Mods verkörpern jedenfalls eine wunderbar entwaffnende Wut, die man nur noch selten findet. Lagerdenken und tumber Szenestolz haben hier keinen Platz. Dafür grobe Straßenpoesie und eingängige Underdoghymnen. Zugunsten der Atmosphäre sollte das Backstage überlegen, die Bewirtung am 16. September auf Ale und Cider umzustellen. Cheers! ||
SLEAFORD MODS
Backstage Werk| Reitknechtstr. 6
16. Sept.| 20 Uhr | Tickets: 089 54818181
Das könnte Sie auch interessieren:
Münchner Opernfestspiele 2024: Blick ins Programm
Allmšik: Die neue Platte »Fünfer«
Jazzbar Vogler: Das Buch »Der kotzende Hund«
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton