Wann ist ein Kunstwerk kolonial? Dieser Frage widmet das Museum Fünf Kontinente die sehenswerte Sonderausstellung »Der Kolonialismus in den Dingen« – und setzt sich dabei kritisch mit der Vergangenheit des eigenen Hauses auseinander.
Der Kolonialismus in den Dingen
Fremde Dinge
DER KOLONIALISMUS IN DEN DINGEN
Museum Fünf Kontinente | Maximilianstr. 42 | bis 18. Mai 2025 | Di bis So 9.30–17.30 Uhr | 8. Dez. und 12. Jan., 14 Uhr: Kuratorenführung | Info und Begleitprogramm
Wer ins Dunkel des Raumes kommt, taucht ein in ein düsteres Kapitel der Geschichte Bayerns und Deutschlands und ist doch sofort im Bann der Dinge und ihrer Schicksale. Gleich am Eingang hockt die hölzerne, archaische Ahnenfigur, den Kopf auf die Hände, die Arme auf die Knie gestützt, die Augen aus Kaurischnecken, verziert mit Coix-Samen, der Hiobsträne, nomen est omen. Diese Figur »Anito« erwarb der Apotheker Heinrich Rothdauscher auf der philippinischen Insel Luzon, als er mit einem spanischen Kolonialbeamten »Schaumwein unter Wilden trank«. Nun ist »Anito« rundum zu bewundern in der fast raumhohen Glasvitrine.
Dinge erzählen Geschichten. Die zarte ovale Antilopenmaske mit feinem Tierhaar ist eine Kriegsbeute von den Makonde Tansanias, die bunten Pflanzenstoffe kommen aus Indien, Basttaschen aus Samoa, die knallgelbe Dornenmaske erwarb ein Hamburger Handelsvertreter in Nigeria – ob hanseatisch korrekt, bleibt offen. Der einsame Leopard ist eine Benin-Bronze. Die Schnitzereien auf den Holzflöten aus Papua Neuguinea zeigen Strichmännchen, Europäer beim Jagen vermutlich. Eine Reliquiarfigur mit menschlichen Zähnen fand sich im Besitz des unmenschlichen Offiziers Max von Stetten. Alles Dinge aus kolonialen Tagen, geschenkt, gekauft, getauscht, geraubt, erbeutet, die Grenzen sind oft fließend. Das Deutsche Kolonialreich von 1884 bis 1918 reichte vom heutigen Namibia über Togo und Tansania bis Sulawesi, China, in die Südsee, und überall war Bayern.
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