Das österreichische Regieduo Veronika Franz und Severin Fiala schafft mit »Des Teufels Bad« ein verstörendes Werk, das sich tief unter die Haut des Zuschauers gräbt.

Des Teufels Bad

Die Krankheit zum Tode

des teufels bad

»Des Teufels Bad« gewann den Österreichischen Filmpreis für den besten Spielfilm © Ulrich Seidl Produktion

»Für jeden, den er fasziniert, ist der Leichnam das Bild des Schicksals. Er bezeugt eine Gewalt, die nicht nur einen Menschen zerstört, sondern die alle Menschen zerstören wird«, schrieb Georges Bataille 1957 in »Die Erotik«. Für die junge Agnes (Anja Plaschg) ist es der geköpfte Körper einer Kindsmörderin, der ihr diese Gewalt offenbart, die nun vollständig von ihr Besitz ergreift. Aber hat sie hier vielleicht auch einen Wegweiser gefunden? Einen, der ihr einen steinigen, harten Ausweg aus dem nicht minder leidvollen Herumirren zeigt?

Auf den ersten Blick ist »Des Teufels Bad« ein waschechtes Folk­-Horror-­Werk, angesiedelt in den Wäldern Oberösterreichs des 18. Jahrhunderts. Veronika Franz und Severin Fiala sind mit »Ich seh ich seh« oder »The Lodge« gerade auch für das Schockgenre bekannt. Wagt man sich tiefer in das Gestrüpp, tun sich jedoch noch finsterere Höhlen auf. Der Abstieg beginnt mit der Hochzeit von Wolf (David Scheid) und Agnes (Anja Plaschg). Nach einem rauschenden Fest lässt der raue Alltag nicht lange auf sich warten. Zärtlichkeit ist zwischen Holzhauen und Fischfang fehl am Platz. In dieser Zeit aß man sein Brot eben im Schweiße seines Angesichts. Aber gerade die sensible, religiöse und naturverbundene Agnes kann an diese neue Existenz nicht anknüpfen. Das strenge Gericht der Schwiegermutter, die mit dem Paar unter dem Dach der düsteren Waldhütte lebt, macht es ihr nicht leichter. So ist das Dasein nach der Vertreibung aus dem Paradies.

Was den Zuschauer noch vor der Handlung gefangen nimmt, ist die atemberaubende Waldkulisse. Selbst für Momente bitterster Tristesse bietet sie einen erhabenen Schauplatz, der gleichzeitig umgarnt und erdrosselt. In ihr ist der Tod allgegenwärtig. Der ist zunächst sicher eingebunden in Rituale wie das Schlachten, doch durch das bereits erwähnte ausgestellte Hinrichtungsopfer wirft er zumindest Agnes aus der vorgegebenen Bahn. Dabei kam er zu ihr zuerst in Gestalt eines Glücksbringers: Zur Hochzeit schenkte ihr der Bruder einen abgetrennten Finger der Toten als Garant für reichen Kindersegen. Nun scheint sich dieser kalte Finger in eine bisher versteckte Wunde zu bohren. Die Schlinge des Thanatos schließt sich immer enger um den Hals der Unglücklichen, die den Halt im ohnehin schon wackeligen Leben immer mehr verliert. Die Zeichen verdichten immer mehr, dass alles in einer Katastrophe enden wird.

In vielen Szenen ist »Des Teufels Bad« Horrorkunst in Reinform. Franz und Fiala erschaffen eine Atmosphäre, die die meisten aktuellen Vertreter des Genres meilenweit zurücklässt. Der graue Alltag wird zunehmend zur pechschwarzen Halluzination. Der Tod hält Einzug in das geregelte Besorgen, das langsam unmöglich wird. Für die Figuren und das Publikum ist das zugleich offensichtlich und schwer zu deuten. Trotzdem veranschaulicht dieser Film etwas ganz Konkretes, nämlich die psychische Krankheit und die Unfähigkeit der Gesellschaft, mit ihr umzugehen. Das Regieduo wählte das historische Setting nicht allein aus ästhetischen Gründen, sondern beruft sich auf tatsächliche Vorkommnisse, die ein totgeschwiegenes Bild ihrer Zeit zeichnen. Dazu gibt Anja Plaschg (die mit ihrem Projekt Soap&Skin auch für den Soundtrack verantwortlich ist) mit ihrem unglaublich intensiven Schauspiel diesen Fällen ein Gesicht, das sich tief in die Erinnerung einbrennt.

Letztendlich ist der Film mehr als ein Sozialdrama in historischem Gewand, das nur für seine Message lebt. Aber auch mehr als ein folkloristischer Schocker. Dieser grandiose Film stellt die Frage, wie wir mit der lebensfeindlichen Urgewalt umgehen sollen, die untrennbar zum Leben gehört – sowohl als Individuum wie als Gesellschaft. Und wie mit Menschen umzugehen ist, deren Dasein ein dauernder Kampf gegen diese Macht ist. »Des Teufels Bad« ist ein Erlebnis. Ein markerschütterndes und verstörendes zwar, doch eines, das man durchleben sollte. ||

DES TEUFELS BAD
Österreich 2024 | Buch & Regie: Severin Fiala, Veronika Franz | Mit: Anja Plaschg, David Scheid, Maria Hofstätter | 121 Minuten | Kinostart: 14. November | Website

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