In der Gemäldegalerie Dachau kann man in Bildern aus drei Künstlerkolonien auf Spurensuche gehen.

Auf Spurensuche. Der Mensch und die Landschaft

Segelboot und Torfkahn

auf spurensuche

Die Malerin Anna Gerresheim war die erste, die sich in Ahrenshoop ein Künstlerhaus baute: »Küste im Morgenlicht« | um 1910 | Öl auf Malpappe, 41 x 65 | © Stiftung Kunstmuseum Ahrenshoop

Die Impressionisten sind deshalb weltweit beliebt und in den Museen vertreten, weil sie die Welt in einem neuen Licht zeigten – Maler der Lebensfreude, der Freizeit am Wochenende, der Strandbäder, Ruderer und Segler, der Spaziergängerinnen in hellen Kleidern mit Sonnenschirmen, der großstädtischen Ausflügler in ihrem Freiluft-Leben. Und so wie ab 1874 Monet und Co. auch die großen Boulevards und die Vergnügen der Metropole malten, feierten sie die Eisenbahn als Transportmittel des modernen Lebens in die Freizeit hinaus. Die Vorgänger des Impressionismus freilich lebten abgeschiedener: In den Wäldern von Fontainebleau, im Dorf Barbizon, trafen sich ab den 1830er Jahren die ersten Freilichtmaler, die – abweichend von den akademischen Konventionen – eine neue Landschaftsauffassung entwickelten und ihre Ölskizzen mitten in der Natur schufen, ausgerüstet mit Klappstaffelei, Stühlchen, Sonnenschutz, Leinwand und Tubenfarben. Die Maler dieser Baum-Persönlichkeiten und Felsen, Lichtstimmungen und Waldlandschaften waren zugleich die ersten Landschaftsschützer: Théodore Rousseau gelang es mit seinen Kollegen, die forstwirtschaftliche Nutzung der Wälder durch Ausweisung einer Schutzzone zu verhindern. Freilich, 1849 kam hier die Eisenbahn und längst wiesen Reiseführer Ausflüglern die Wanderwege zu den Naturschönheiten.

»Mensch und Landschaft«, so lautet der Untertitel der Sonderausstellung in der Dachauer Gemäldegalerie, die auf die Suche geht nach Spuren des Menschen in einer doch nie unberührten Natur. In der Dauerausstellung finden sich einige Beispiele aus Barbizon, der ersten Künstlerkolonie in Europa. Aber Dachau war ja selbst ein prominenter, traditionsreicher Künstlerort, und die Gemäldegalerie ist mit vielen Künstlerkolonien verbunden, von denen über die Jahre Direktorin Elisabeth Boser zahlreiche in Sonderausstellungen im Obergeschoss präsentiert hat. Die letzte Schau, die sie gemeinsam mit ihrer Nachfolgerin im Amt, Laura Cohen, erarbeitet hat, zeigt Landschaftsmalerei von Dachauer Künstler:innen sowie Gemälde aus Ahrenshoop an der Ostsee und Schwaan an der Warne (nahe Rostock), beides Künstlerkolonien seit 1890.

auf spurensuche

Franz Bunke gründete die Künstlerkolonie in Schwaan: »Am Torfstich« | um 1885 | Öl auf Leinwand, 110 x 160 cm | © Privatbesitz, Dauerleihgabe Kunstmuseum Schwaan

An den Wänden am Eingang und hinten am Ende des Raums sind die Dachauer Maler und Malerinnen versammelt; der Weg führt vorbei an zwei leuchtend gelben eingestellten Wänden: innen die Küstenmotive und Wald-Blicke aus Ahrenshoop. Außen sind diese Wände bestückt mit Motiven aus Schwaan: Prominent vertreten ist hier Franz Bunke, der Begründer der Künstlerkolonie, dessen Vater Mühlenbauer war und in dessen Bildern immer wieder Windmühlen im Hintergrund auftauchen. Sein großes Gemälde »Am Torfstich« mit dem niedergedrückten Rauch des Schornsteins und den flachen Kähnen zum Torftransport stellt eine Verbindung zum Dachauer Moos her, wo der Torfabbau als wichtiger Faktor des Wirtschaftslebens die Landschaftsgestaltung prägte. Entwässerungsgräben und andere Anzeichen der agrarischen Nutzung der Moorlandschaft finden sich auf zahlreichen Dachauer Bildern. Zu den Highlights zählt – wieder einmal – die »Torfhütte« von Bernhard Buttersack mit den virtuos hingezauberten Pinselstrichen zwischen schwarzer Erde und lichten Wolken. Elisabeth Boser hat ein untrügliches Gespür für die speziellen lokalen Atmosphären dieser Landschaft, für Pflanzen- und Tierwelt, für Wolkenbildungen, Wind und Baumwuchs. Adolf Hölzel, der große Experimentator und Lehrer unter den Dachauer Malern bekrönte schon 1895 seinen » Nebligen Morgen« mit einer Fabrik mit Schornsteinen. Und eine Ziegelei mit rauchendem Schornstein hat auch das Unikum Heinz Braun ein Jahrhundert später ins Bild gesetzt, wobei die vitale Wunde einer »Lehmgrube« die Komposition dominiert. Braun hat dafür seine Farben mit Dachauer Erde vermischt.

Den »Rehbock im Etzenhauser Wald« von Adolf Ziegenmeyer haben die Kuratorinnen vielleicht nicht aus Gründen der malerischen Qualität präsentiert, sondern wegen der seltenen Begegnung: Vielleicht riecht das scheue Tier den Korb – oder gar die Ölfarbe, denn unberührt ist keine der Landschaften, die Künstler haben sie schon mit ihrem Malzeug erobert. ||

AUF SPURENSUCHE. DER MENSCH UND DIE LANDSCHAFT
Gemäldegalerie Dachau 7 | Konrad-Adenauer-Str. 3, 85221 Dachau | bis 15. September | Di–Fr 11–17 Uhr, Sa/So/Fei 13–17 Uhr
Lange Nacht der offenen Türen in Dachau: 13. Sept., 19–24 Uhr, Eintritt frei (mit Kurzführung um 21 Uhr) | Führung: 15. Sept., 14–15 Uhr (Anmeldung erforderlich: Tel 08131 5675-13)

Weitere Ausstellungsbesprechungen finden Sie in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.

 


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