Kein Wässerchen kann den freundlichen Wirt trüben. Noch nicht einmal die stadträtische Abfuhr fürs Herzkasperlzelt auf der Oidn Wiesn. Aber man sollte Beppi Bachmaier besser nicht unterschätzen.
Beppi Bachmaier im Interview
Pokerface
In den Fensternischen und auf den Tischen stehen alte Krüge mit dicken Heckenrosensträußen aus Niederbayern, die den großen Raum im Morgenlicht beduften. Das Lokal ist leer, es ist Montag, Ruhetag. Nebenan sitzen zwei Frauen, die die Trauerfeier für den kürzlich verstorbenen Richard Kurländer vorbereiten, der in den 90er Jahren die bis heute einzigartigen Volksmusiktage im Fraunhofer entwickelte. Menschen laufen an den Fenstern vorbei und winken von der Straße herein. Ein großer Hund bleibt stehen und mit ihm die Frau an der Leine, beide kommen kurz herein: Es ist eine Freundin von Beppi Bachmaier, mit der er jahrzehntelang den Antiquitätenhandel betrieben hat. Jetzt sollen auch noch die Restbestände auf diversen Flohmärkten verkauft werden. Derweil macht es sich der Hund unterm Tisch bequem.
Münchner Feuilleton: Warum sind Sie Wirt geworden?
Beppi Bachmaier: Wahrscheinlich liegt das im Erbgut. Meine Mama war ja Wirtin, in der Königinstraße. Das Wirtshaus ist im Krieg zerstört worden, ihr erster Mann ist gefallen. Eine Zeit später hat sie einen Metzgermeister geheiratet, mit dem sie in die Morassistraße gezogen ist. 1947 kam ich auf die Welt. Mein Vater hätte schon gern eine Wirtschaft gehabt, aber meine Mutter hat entschieden: Naaaa, des mach ma net (lacht). Sie war ja die, die die Erfahrungen mit einem Wirtshaus hatte. Deshalb blieb es bei der Metzgerei, die die beiden betrieben haben.
Sie sind der einzige Sohn. Hätten Sie die Metzgerei nicht übernehmen sollen?
Doch, schon. Ich habe bei meinem Vater den Metzgerberuf gelernt und habe auch den Gesellenbrief, aber der Beruf war dann doch nicht das, was ich mir für mein zukünftiges Leben vorgestellt hatte. Aber recht weit bin ich damit auch nicht gekommen. Jetzt bin ich halt auch Wirt geworden. (lacht) Ich hab dann so eine Passion gehabt mit der Malerei … Als Geselle habe ich noch ungefähr ein Jahr in der Metzgerei mitgearbeitet, aber Ende der 60er Jahre war damit Schluss. Ich bin nach Südfrankreich gefahren. Als Pfadfinder hatte ich ein paar junge Pfadfinderinnen aus Nizza kennengelernt, die mich eingeladen haben. Dort hab ich in so einem Kulturhaus im Rückgebäude in der Altstadt gewohnt, immer im Sommer, ungefähr fünf Jahre lang. Das hat mir Frankreich sehr nahe gebracht. Und dann bin ich Antiquitätenhändler in der Buttermelcherstraße geworden, bis in die 80er Jahre. Eigentlich bin ich immer hier im Viertel geblieben, ich hab hier gewohnt, bin hier in die Schule gegangen. Über meiner Werkstatt wohnten ein paar Leute, die waren, wie soll man sagen: etwas außergewöhnlicher. Fünf Männer, die haben sich die Wohnung geteilt, die dann schon bald den Spitznamen »Bärenhöhle« hatte, weil es da doch recht speziell gerochen hat (lacht). Die haben dann als handwerklich begabte Leute bei mir mitgearbeitet. Einer von denen war der Uwe Kleinschmidt. Zusammen haben wir in den 80er Jahren die Kleinkunstbühne MUH im alten Hackerhaus aufgemacht. Und der Uwe Kleinschmidt war der eigentliche Gründer vom Tollwood, das ja ganz am Anfang »Sommer-MUH« geheißen hat. Die Zusammenarbeit mit dem Uwe ging irgendwann zu Ende. Ich war einfach zu normal für ihn. Dann kam mein
alter Schulfreund Werner Winkler dazu und mit ihm die Gründung der Drehleier in Haidhausen. Er hat in der Baaderstraße gewohnt, da haben wir immer in den Ruinen gespielt.
Das komplette Interview finden Sie ab heute in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
Am Tag nach dem Gespräch wird öffentlich, dass Beppi Bachmaier und Martin Jonas beim Bayerischen Verwaltungsgericht gegen den Stadtrat klagen. Die Klage setzt bei den vom Stadtrat 2016 verabschiedeten Ausschreibungsbedingungen an: Dort war dargelegt worden, wie sich die Musik- und Kulturprogramme in den drei Zelten Tradition, Musikanten- und Volkssängerzelt unterscheiden sollten. Laut der »Süddeutschen Zeitung«, der die Klageschrift vorliegt, habe das zuständige Referat für Arbeit und Wirtschaft diese Bedingungen aber ignoriert, so der Vorwurf der Anwälte. Die einzigen Bewerber, die den Ausschreibungskriterien entsprochen hätten, seien die Betreiber des Herzkasperlzelts gewesen. Somit hätte die Stadt ihnen den Zuschlag geben müssen, »was rechtswidrig nicht erfolgte«. Das Kulturreferat bescheinigt Bachmaier und Jonas in seinem Gutachten über die Musikprogramme der drei Zelte, dass die Konkurrentin Schöniger GmbH im Gegensatz zu Bachmaier und Jonas die Ausschreibungskriterien nicht vollumfänglich erfüllt. Für das Münchner Verwaltungsgericht sind die Kulturkriterien jedoch keine notwendige Voraussetzung für eine zulässige Bewerbung. Die Gewichtung kultureller Belange innerhalb des Bewertungsverfahrens liege in der Befugnis der Stadt und könne gerichtlich nicht überprüft werden, so das Verwaltungsgericht. Beppi Bachmaier nimmt das so nicht hin und geht in die nächste Instanz.
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