Wiederbegegnungen und Neuentdeckungen, Rohdiamanten und Kieselsteine: Auf dem ARTMUC-Markt für zeitgenössische Kunst kann man in entspannter Atmosphäre zufällig finden, was man nie gesucht hat.
ARTMUC 2024
Ein Kessel Buntes
Die ARTMUC rühmt sich, das »größte Kunstfestival« in Deutschland zu sein, das zwei Messen pro Jahr anbietet, eine im Frühjahr und eine im Herbst. Nachdem es das Format inzwischen in ähnlicher Form in Hamburg gibt und demnächst auch ein dritter Austragungsort in Dornbirn am Bodensee geplant ist, man 2024 außerdem mit der World Art Dubai (WAD) zusammenarbeitet, sind Superlative nicht ganz unpassend: Aus durchschnittlich 400 Bewerberinnen und Bewerbern pro Ausgabe nehmen in diesem Frühjahr in München allein über 160 internationale EinzelkünstlerInnen teil, dazu kommen ca. 15 Galerien. Während die Standgebühr für KünstlerInnen ab 1000 Euro kostet, zahlen Galerien für ihre Präsenz auf der ARTMUC mindestens 3500 Euro. Veranstalter Raiko Schwalbe legt bei allen TeilnehmerInnen Wert auf eine »professionelle Präsentation, gute Kommunikation und anregende Atmosphäre«.
Nun versteht man unter dem Format Festival gemeinhin ein thematisch kuratiertes Angebot der Besten ihres Fachs. Die ARTMUC formuliert aber ausdrücklich als Konzept, dass sich alles trifft und jeder sich trauen darf: Die dreiköpfige Jury wählt die AusstellerInnen aus einem weiten Bewerberpool aus, der von ambitionierten professionellen VertreterInnen, die mit ihrer Kunst ihren Lebensunterhalt verdienen, über Freizeit- und HobbymalerInnen bis hin zu vielen, die dem Kunstgewerbe zugerechnet werden, und auch solchen, die mit ihrer Kunst eine Botschaft vermitteln oder die BetrachterInnen glücklich machen wollen. Da herrscht keine Angst vor Fallhöhen oder Begegnungen mit skurrilen Varianten. Manchen Künstler wählen Farben und Formen, die sich positiv auf die Psyche auswirken, Freude und gute Stimmung verbreiten. Ebenso findet man dezidiert politische Ansätze oder den Kampf für Natur und Umwelt. Für Franziska Raffael etwa ist Kunst »eine Symbiose aus Chaos und Harmonie«, ihre Kunst eine Einladung, das Leben zu genießen und dieses Gefühl zu zelebrieren. Heinz Stoewer aus Frankfurt, ehemals Anwalt und aus dem Berufsleben ausgestiegen, um sich ganz der Kunst zu widmen, bevorzugt »kräftige Farben, individuelle Formen und vielfältige Bildkompositionen«. Dabei sind ihm die Akzeptanz queerer Lebensentwürfe und der Schutz natürlicher Lebensräume, Schönheit und Vielfalt der Natur gleichermaßen wichtig. Verena Caroline Kloos kann auf eine internationale Präsenz blicken und ist zwischen Design und Fotografie unterwegs. In dieser Vielfalt geht es weiter. Daneben präsentieren sich etwa fünfzehn Galerien, Stiftungen und Projekte, wie die Wiener Produzentengalerie BernARTgasse oder das KunstHaus Ammersee.
Seit dem Start 2014 expandiert die ARTMUC laufend weiter. Die Veranstalter – verantwortlich zeichnet seit Beginn der in Berg am Laim ansässige Raiko Schwalbe, den es vor vielen Jahren von Berlin nach München gezogen hat – reagieren sensibel auf aktuelle Trends und setzen punktuell auch auf Themen wie etwa Functional Art and Design. Die »Digitalisierung sämtlicher Kreativbereiche« hat die Veranstalter dazu veranlasst, auf der ARTMUC diesen neuen, übergreifenden Bereich zu schaffen. Dazu zählen Furniture Design, Product Design, Architektur, Innenarchitektur, Textilkunst und vieles mehr. Zusätzlich fokussiert die ARTMUC die Anwendungen neuer digitaler Technologien und Hilfsmittel im DIGITAL.LAB. Dieses Lab hatte 2023 seinen Probelauf und war ein voller Erfolg. Der Reiz, sich mit der KI anzufreunden, ist auch auf dem Kunstmarkt inzwischen State of the Art. ||
ARTMUC
MTC Supreme Locations | Ingolstädter Str. 45–47 | 12. bis 14. April | Fr 19–22 Uhr, Sa 11–19 Uhr, So 11–18 Uhr | Pauschalticket: 16 €, Kinder bis 16 Jahre frei | Website
Weiteres zum Münchner Kunstgeschehen finden Sie in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
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