Sieben Mal wurde der Giesinger Stüberlspezialist Friedrich Ani mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet, dazu kommt ein Berg weiterer Literaturpokale. Sein Kollege Andreas Ammer, selbst Schriftsteller, Hörspielmacher und Regisseur (»Druckfrisch«), stellt den schweigsamen Dichter vor, der das diesjährige Krimifestival München eröffnet.
Friedrich Ani
Vom Glück des Verschwindens
KRIMIFESTIVAL MÜNCHEN 2024
10. April bis 16. Juni | Programm || 10. April |
Literaturhaus München: Startschuss mit Friedrich Ani
LICHTJAHRE IM DUNKEL
Suhrkamp, 2024 | 445 Seiten | 25 Euro
STIFT. GEDICHTE
Suhrkamp, 2024 | 214 Seiten | 20 Euro
Es fällt nicht leicht, sich Friedrich Ani, den Münchner Dichter, als einen glücklichen Menschen vorzustellen. »Ich mag nicht, wenn man mich / was fragt«, lauten mürrisch die ersten anderthalb Zeilen seines neuen Lyrikbandes »Stift«, der gerade Seite an Seite mit seinem neuen Tabor-Süden-Roman »Lichtjahre im Dunkel« bei Suhrkamp erschienen ist. Dieser Kriminalroman beginnt mit den anderthalb Zeilen: »Eines frühen Morgens im Juli«, also einer schönen, behaglichen Jahreszeit, »wankte ich ins Bad, sah in den Spiegel und bemerkte, dass ich alt geworden war.« Der Krimi wird bevölkert von einsamen und schweigsamen Menschen, die so sehr in vergangenen Zeiten leben, dass sie aus der Gegenwart fast schon verschwunden sind, und deren Hauptaufenthaltsort »Katerschmieden«, also simple Wirtshäuser sind (sofern es die noch gibt). Das Wirtshaus in Obergiesing, in dem ich Friedrich Ani zum vorletzten Mal gefilmt habe und in das er damals gerne ging, gibt es beispielweise nicht mehr. Ani ist der Hohepriester des Verschwindens. Deshalb klären seine Ermittler keine unrealistischen Morde auf, die es heutzutage eh fast nur noch zwischen Buchdeckeln oder epidemisch täglich im TV gibt, sondern sie suchen nach verschwundenen Personen.
Natürlich kommt Friedrich Ani, der münchnerischste aller Dichter, nicht aus München, dieser eigenartigen Stadt, deren große Zeit im neuen Jahrtausend auch schon etwas verschwunden ist. Er wurde vor einigermaßen langer Zeit in Kochel geboren, bevor er mit 18 aus dem Voralpenland verschwand und es vielleicht nie wieder betreten hat. Inzwischen ist er – zumindest seit dem Tod von Herbert Achternbusch – der Dichter, der die bayerische Hauptstadt mit jener Poesie erfüllt, die aus ihr inzwischen manchmal verschwunden scheint. So wie Herbert Achternbusch verschwunden ist: »Es gibt keinen / Achternbusch / mehr, nur versoffene / Tische und / Gläser und / Bedienungen, / die Ausschau halten nach / einem, trunkener als / alle Tische / der Stadt«, dichtet Ani ihm zu Ehren. Mit Achternbusch verbindet Ani nicht nur das Terroir und die übersprudelnde Kreativität, sondern vor allem das »Bei sich bleiben« – auch im Erfolg.
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