Eine liebevoll kuratierte Ausstellung in Pasing widmet sich der Sängerin Tina Turner.

Tina Turner

Soul und Erleuchtung

tina turner

Erst Popstar, dann spirituelle Meisterin: Tina Turner | © Joachim Goetz

Das hätte man wohl so nicht erwartet: Die Superlative werden nicht so wahnsinnig breitgetreten. Dafür versucht die einfühlsame Ausstellung »Tina Turner« in der Pasinger Fabrik in München, sich mit viel Atmosphäre der empfindsamen Person hinter der »erfolgreichsten Sängerin aller Zeiten« zu nähern. Gut, ihr Leben gibt ja auch viel her. Die brutale Beziehung zwischen Ike & Tina Turner und der holprige Start von Tinas Solokarriere boten Stoff für eine 1993 entstandene und ergreifende Filmbiografie von Brian Gibson. Der sozusagen zweite internationale Durchbruch gelang nicht nur dank der außergewöhnlichen Stimmgewalt und des unverwechselbaren Timbres der Rock-­Queen. Der Glücksgriff im Vorfeld war wohl ab 1979 ihr neuer Manager, der Musikproduzent Roger Davies, der in kongenialer Zusammenarbeit Turner aus dem Karrieretief herausholen wollte.

Dann kamen nach einer Zeit der Tingelei in kleineren Locations vor wenigen hundert Zuschauern Gastauftritte bei ganz Großen dazu. Auf der Rolling Stones Tour in den USA trat Tina Turner im Vorprogramm auf. Das gab ihrer Karriere wieder Schwung, wobei Mick Jagger, wie man von Michael Gräter (aus der plakatierten Zeitung) erfährt, schon lange vorher »Tinas größter Fan« war. Unvergessene Teile der Pophistorie sind ihre Duette mit David Bowie, Bryan Adams, Rod Stewart oder eben Mick Jagger. Oder auch ihr Auftritt als »Acid Queen« in der Rock­-Oper »Tommy« von The Who im Jahr 1975.

Wie die »Queen of Rock« oder »Simply The Best« (Titel eines Albums und des erfolgreichen Musicals zur Tina­-Turner­-Story) Kraft tankte oder jenseits der Bühne in Erscheinung trat, erfährt nun auch der Besucher in der Pasinger Fabrik. Zum einen schildern die beiden Kuratoren Herbert Hauke und Didi Zill ihre Begegnungen mit Tina. Und die Künstlerinnen Sissi Perlinger und Annette Hempfling haben ihren in ästhetischer Harmonie vollendeten Ruheraum gestaltet. Dieser demonstriert, in welch fast schon sedierender Atmosphäre Tina Turner sich sammelte: in einem honiggelben und von Braun­-Rot­-Tönen charakterisierten Ambiente mit ungewöhnlichen Sitz­ und Ruhemöbeln, Buddhafiguren und wenigen fernöstlichen Accessoires.

Das resultierte aber nicht aus einer spontanen Eingebung oder gar aus einer erfolgreichen Feng­Shui­Beratung, sondern aus tiefer Überzeugung. Die Tochter eines Baptistenpredigers war in einer afro­protestantisch christlichen Tradition in Tennessee aufgewachsen. Einfluss übte auch ihre mit mystischer Sensibilität begabte Großmutter aus. Außerdem ließ Turner sich von einer Hellseherin schon 1966 vorhersagen, dass sie »eines Tages zu den allergrößten Stars« gehören werde. Diese Prophezeiung ging ja nun nachweislich in Erfüllung. Entscheidend war allerdings ihre Hinwendung zu den Nichiren­-Buddhisten 1973. Für diese, auch als Lotos­-Schule bekannt, gilt der Gesang als ultimatives Gesetz oder die Wahrheit des Universums. Das ließ sich Tina nicht zweimal sagen, sondern deutete es als Botschaft von oben. Sie bekannte sich in einem Gelübde dazu, »ein musikalischer Bodhisattva der Erde« zu werden, Entbehrungen zu ertragen, um die Botschaft des Sutra zu verbreiten. Und so folgte auf den Pop die Weitergabe jenes spirituellen Wissens, das ihr im Leben geholfen habe. Gemeinsam mit einer Yogalehrerin und einer Mantra­-Sängerin gab sie 2009 das Album »Beyond« mit spirituellen, buddhistischen und christlichen Gesängen heraus. Aspekte eines bewegten, bewegenden Lebens, die man in der Pasinger Fabrik, von einem umfangreichen Begleitprogramm ergänzt, nachvollziehen kann. Außerdem präsentiert vom 5. bis 7. Februar 2024 im Deutschen Theater die Show und Revue »One Night of Tina« eine Hommage an die Queen of Rock. ||

TINA TURNER – DIE AUSSTELLUNG
Pasinger Fabrik | August-Exter-Str. 1 | bis 4. Feb. 2024 | Di bis So 16–20 Uhr | Tickets: 089 8292 9072

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