Seit einiger Zeit schwelt ein Streit um die Autonomie der Kunst, in Ausstellungen ebenso wie auf der Bühne. Doch worum geht es dabei? Was sind die konträren Positionen? Der Kunsttheoretiker Wolfgang Ullrich bringt Licht in den Dschungel dieser erhitzten Diskussion.

Wolfgang Ullrich

Sinn oder Zweck?

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Muss die Kunst Aufgaben erfüllen oder darf sie zweckfrei einfach da sein? Wolfgang Ullrich plädiert für das Spiel zwischen den Polen | © Robert Hamacher

Der Philosoph und Kunsthistoriker Wolfgang Ullrich, geboren 1967 in München, lehrte u.a. an den Kunsthochschulen in München und Hamburg. Von 2006 bis 2015 war er Professor für Kunstwissenschaft und Medientheorie an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe, seit 2014 Prorektor für Forschung. Seit 2015 arbeitet und lebt er als freier Autor in Leipzig und München. In seinen Schriften befasst er sich mit Geschichte und Kritik des Kunstbegriffs, mit bildsoziologischen Fragen sowie Konsumtheorie. Ein zentrales Thema ist die zunehmende »Aufrüstung« des Kunstbegriffs. Beim Wagenbach Verlag in Berlin veröffentlichte er zahlreiche Bücher, zuletzt 2022 »Die Kunst nach dem Ende ihrer Autonomie«. Auf seinem Blog ideenfreiheit.de kann man aktuelle Vorträge nachhören. ||

Während der gesamten westlichen Moderne, also rund 200 Jahre lang, galt weitgehend unangefochten der Grundsatz, dass Kunst dann am stärksten ist und am meisten bewirken kann, wenn sie möglichst rein Kunst ist. Ob es um romantische Landschaftsmalerei, um den Fauvismus, um Readymades, um Abstrakten Expressionismus oder um Minimal Art ging – die jeweilige Kunst sollte nicht von Ansprüchen und Interessen jenseits ihrer selbst korrumpiert, sondern nur den Kriterien verpflichtet sein, die sie jeweils selbst konstituiert hat. Und sie sollte allein durch die Regeln, die sie sich selbst gab, Geltung und Autorität erlangen, ja ohne fremde Einwirkung als relevant empfunden und wirksam werden. War beides erfüllt, Kunst also weder von außen bedrängt, noch ihrerseits um Unterstützung bemüht, entsprach sie dem Ideal der Autonomie. Und dann wurde ihr auch gerne eine Sonderrolle zugesprochen; ihre Autonomie trug ihr sogar einen geradezu absolutistischen Status mit religiöser Überhöhung ein. Nichts anderem wurde so viel wie der autonomen Kunst zugetraut (und zugemutet), wenn es um Trost, Transzendenz oder Therapie ging. Zudem verhieß sie, sonst unzugängliche Erkenntnisräume zu eröffnen oder in besonders enger Verbindung zur Wahrheit zu stehen.

Den kompletten Artikel und ein Interview von Ralf Dombrowski finden Sie ab dem 6. Mai in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.

 


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