Corona hat den Kulturkonsum verändert. Das spüren vor allem kleinere Bühnen wie das Import-Export.
Import-Export
Es wird eng
Einen Sommer lang hätte man das Import- Es wird eng Export zu den Corona-Gewinnern zählen dürfen. Weil Indoorveranstaltungen wegen der
Infektionsgefahr verboten waren, konnte der Club im Kreativquartier am Leonrodplatz den großen Platz vor dem eigentlichen Veranstaltungsort mit gut besuchten Open Air-Veranstaltungen bespielen. Vor allem Musik jenseits der angloamerikanischen Popvorbilder fand hier ein Publikum, das München beinahe als die bunteste Stadt der Welt erscheinen ließ. Tatsächlich wirkte das Import-Export letztes Jahr zugleich als der friedlichste Ort aller Zeiten, wo Menschen unterschiedlichster Herkunft unabhängig vom Alter vergnügt miteinander feierten. Wie überschwänglich sie dabei die zum Teil griechischen, israelischen, türkischen oder afrikanischen Musiker zu feiern verstanden, machte deutlich: das Import-Export-Publikum ist offen für jede musikalische Strömung.
Kaum aber, dass heuer wieder die großen internationalen Shows die Massen in die Stadien und großen Hallen lockten, erlebt auch das Import-Export, was viele Veranstalter der kleineren Konzerte in dieser Stadt erfahren mussten: Das Publikum bleibt aus. Beinahe bei jedem Konzert hätten sie in der aktuellen Saison draufgezahlt, sagen zum Beispiel die Betreiber der Münchner Konzertagentur Club 2. Und die wenigen ausverkauften Konzerte sind dann oft nachgeholte Auftritte, die im Grunde schon vor zwei Jahren abgerechnet wurden. Ein zusätzlicher Gewinn, der die aktuellen Betriebskosten deckt, ist damit nicht zu machen. Vielmehr steigern höhere Kosten sogar noch die Ausgaben der Veranstalter, sodass diese schon mal trotz einer ausverkauften Tonhalle am Ende noch Geld verloren haben. Angesichts solcher Notlagen der heimischen Veranstalter wundert es noch mehr, warum ein Münchner Wirtschaftsreferent dann einem Grazer Unternehmer Veranstaltungsorte in München anbietet, die den Münchner Veranstaltern vom selben Wirtschaftsreferenten angeblich immer verwehrt wurden.
Entsprechend groß fiel der Protest dagegen aus, dass die steirische Leutgeb Entertainment Group nicht nur das Münchner Messegelände bekam, sondern Silvester auch noch die Theresienwiese hätte bespielen dürfen, wenn es nach dem Wirtschaftsreferenten Baumgärtner von der CSU gegangen wäre. Dass Leutgeb dabei sein Geschäft machen will, kann man ihm nicht vorwerfen. Warum ein Münchner Wirtschaftsreferent allerdings die Interessen des Event-Grossisten mehr zuvertreten scheint als die der regionalen Veranstalter, sollte unbedingt hinterfragt werden. Ebenso muss durchdacht werden, wie die hiesigen Veranstalter besser und wirkungsvoller unterstützt werden können. Denn wenn sie als weitere Corona-Opfer wegfallen, wird es bald sehr still in dieser Stadt. Freunde des Import-Export sammeln darum schon fleißig Spenden, um das Kulturzentrum zu erhalten, kurzfristig ist der Erhalt gesichert. Allerdings bieten solche freiwilligen Gaben auf Dauer auch keine Planungssicherheit. Außerdem verlässt jetzt auch noch Michael Schild, einer der beiden Import-Export-Gründer, das Team. »Wenn man sich über zehn Jahre regelrecht aufgearbeitet hat für ein Kulturprogramm, das zu Recht als Bereicherung des Stadtlebens gepriesen wird, und steht am Ende beinahe vor der eigenen Insolvenz, dann stimmt irgendwas nicht mit unseren Werten«, sagt er ein wenig verbittert. Doch nicht Melancholie, sondern das Alter und das Gefühl, den Laden dank eines großartigen Teams längst in besseren Händen zu wissen, seien der Grund für seinen Ausstieg, betont Schild. ||
IMPORT-EXPORT, HERBSTPROGRAMM
Import-Export | Schwere-Reiter Str. 2h
Tickets: Abendkasse oder online
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