Die Münchner Symphoniker pflegen ihr Image als junges, zeitgemäßes Orchester. Derzeit ohne Chef:in, aber mit vielseitigem Programm. Den kompletten Vorbericht aus der Nummer 122 gibt es hier vorab! Mehr ab morgen in der neuen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.

Münchner Symphoniker: Das Programm 2022/23

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Münchner Symphoniker

Nodoka Okisawa, zu Gast bei den Münchner Symphonikern | © Felix Broede

Da wird bei den Münchner Orchestern gerade ganz schön am Thron gesägt. Das Münchner Kammerorchester erklärt, zur Spielzeit 2022/23 erst mal auf einen Chefdirigenten zu verzichten, die Münchner Philharmoniker haben gerade gar keinen, das Symphonieorchester des BR wartet noch auf Simon Rattle (hat diesen aber immerhin schon benannt), und die Münchner Symphoniker starten die neue Spielzeit, nach dem Weggang von Kevin John Edusei, nun auch erst einmal ohne. Das Orchester habe coronabedingt nicht genug Konzerte gespielt, um genug potenzielle Nachfolgekandidaten oder -kandidatinnen einzuladen, erklärt Symphoniker-Intendant Tilman Dost. Da aber der Vertrag von Kevin John Edusei mit der kommenden Spielzeit nach acht Jahren ausläuft, folgen nun fluide Zeiten. »Das Orchester soll in den Prozess inkludiert werden«, erklärt Dost sein Vorgehen auf der Suche nach einem neuen Chef oder einer neuen Chefin, er wolle sehen, bei wem »der Funke überspringt«. Bis das spürbar passiert ist, hat man nun einige verschiedene Gastdirigenten und mit Nodoka Okisawa auch eine Dirigentin als Artist in Residence. Der Intendant sieht darin auch einen Mehrwert fürs Publikum. Die Münchner lernten so verschiedene Dirigenten, verschiedene Stile kennen. Doch um einen eigenen Klang zu entwickeln, da ist Dost ganz klar, brauche man natürlich einen Chef. Vor allem nach einer so prägenden Zeit wie unter Edusei.

Tatsächlich ist dieses kleinste unter den großen Orchestern der Stadt in den vergangenen acht Jahren auch ein bisschen zum ideell jüngsten Orchester der Stadt geworden. Maßgeblich daran beteiligt war neben der früheren Intendantin Annette Josef eben auch der Meister am Pult Kevin John Edusei. Plötzlich stand weniger Beethoven auf dem Programm, dafür teilte sich Haydn ein Konzertprogramm mit Kagel. Diese Kombinationen glückten. Und erstaunlicherweise gewannen die Konzerte dadurch sogar an Zugänglichkeit. Man riss die Alten durch Neues vom Thron und die Musiker durch Orte vom Podium, indem es etwa vermehrt Konzerte im Technikum gab, bewusst mit dem Wort »HörBar« betitelt. Oder die »StudioSounds« in den Bavaria Studios in Haidhausen. Raus aus dem Saal, raus aus dem Konservatismus. Dieser Prozess hat funktioniert, bestätigt auch Tilman Dost, das Publikum wird jünger. Besonders natürlich auch durch Kooperationen mit lokalen Münchner Popkünstlern wie den Hip-Hoppern »EinsHochSechs« (da headbangte Edusei, der einst Schlagzeuger einer Hardcoreband war, dann im Video) oder nun mit »Dicht und Ergreifend« und Ami Warning auf dem Nockherberg. 2000 Karten gingen für das Konzert Mitte September im Vorverkauf weg. Ohne Abo. Das Konzert wird in Augsburg und Nürnberg wiederholt.

Breite Zustimmung gibt es also bei der Intendanz. Dieser Prozess und diese Richtung sollen auf jeden Fall weitergeführt werden. Und ganz realistisch fügt Dost hinzu: »Für ein Orchester, das das macht, was die anderen auch machen, ist kein Platz in München.« Wer sein klassisch-romantisches Repertoire hören will, geht zu den Philharmonikern, wer in die Moderne reichendes klassisch-romantisches Kernrepertoire hören will, geht zum BRSO oder zum MKO. Doch die Lücke, die die Symphoniker da für sich gefunden haben, ist spannend. Mit dem unterhaltenden, ja leichten Fach hatte das Orchester ja schon vor dem Duo Edusei/Josef Erfahrung. Denn Filmmusik spielten die Symphoniker schon immer.Doch was damals alles noch ein bisschen zopfig wirkte, das schubsten Annette Josef und Kevin John Edusei in eine authentisch wirkende jugendlichere Richtung. Street Credibility fürs Orchester quasi. Der Nachfolger oder die Nachfolgerin Eduseis sollte auf jeden Fall ein ähnliches Gespür für derartige Einflüsse haben. Und das Programm der kommenden Spielzeit ist aus einem gleichen Geist heraus entstanden. Glanzlichter sind dabei für Dost, wenn der Pianist Frank Dupree im April Nikolai Kapustins Klavierkonzert Nr. 4 spielen wird – der russische Komponist habe Musik wie Bernstein oder Gershwin geschrieben, erklärt Dost, »eine tolle Klangsprache«. Oder das Oboenkonzert von Bohuslav Martin, das der orchestereigene Solooboist Zurab Gvantseladze im März unter der Leitung von Residence-Dirigentin Nodoka Okisawa aufführen wird.

Natürlich gibt es auch die Klassiker: Beethovens Neunte zum Jahreswechsel oder Liveorchester zu »Harry Potter«. Doch dann gibt es noch ein Konzert mit dem Komponisten Gregor A. Mayrhofer. Und das ist ein programmatischer Knaller: Mayrhofer dirigiert sein »Recycling Concerto« selbst – geschrieben für Orchester und Schlaginstrumente aus Recyclingmaterialien. Nachhaltigkeit und Klimaschutz ist von allen aktuellen Krisen die für die Zukunft der jungen Menschen akuteste. Gerahmt wird das Recycling-Konzert von Charles Ives »The Unanswered Question«, einmal am Anfang und einmal am Ende des Programms als dicker, dicker Zaunpfahl. Und dann gibt es dazu noch romantische Naturverehrung mit Mendelssohns »Hebriden« und Smetanas »Moldau« – schaut her, was ihr zu verlieren habt! Ein Programm, das Altes und Neues vermischt, mit Alarm und Schönheit zugleich. Und mitten in dem Thema, das die junge Generation besonders betrifft. So können sich Klassik und Generation Y nahekommen. ||

MÜNCHNER SYMPHONIKER 2022/23
Verschiedene Orte | Oktober 2022 bis Juli 2023
verschiedene Zeiten | Tickets: 089 44119626

 


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