Vanessa Eckart und Katharina Müller-Elmau fangen im Metropoltheater den Spirit von Simon & Garfunkel ein.
Vanessa Eckart & Katharina Müller-Elmau
Die Magie des Sounds of Silence
Musik hat eine merkwürdige Eigenschaft: Kennt man sie, reichen oft schon kleine Anspielungen, um im Kopf das Stück zu hören. 2009 gastierte bei den Salzburger Festspielen eine Inszenierung von Alvis Hermanis mit seinem lettischen New Riga Theatre: »The Sound of Silence. Ein Konzert von Simon & Garfunkel 1968 in Riga, das nie stattgefunden hat«. In der dreistündigen Aufführung fiel kein Wort. Aber in jedem der fünf aufgereihten WG-Zimmer wollte jemand das Duo hören. Einer steckte dazu den Kopf in einen Waschzuber, eine stieg mit Antenne auf den Schrank, andere experimentierten in der Drogenküche mit klanggefüllten Einweckgläsern. Immer tauchten nur Bruchstücke der Songs auf, aber der Geist der Musik war aus der Flasche und trug den großartigen Abend.
Coverversionen sind eine andere Sache: Es gibt mehr als genug Elvis- oder Beatles-Imitatoren, aber der Sound ist halt nie der originale und verdirbt einem die Erinnerung. Eine große Ausnahme macht die lose Musik-Reihe »Eine Verneigung vor …« im Metropoltheater. Weil es da nicht um Kopieren oder Imitieren geht, sondern um den Spirit des Sounds. Seit 2017 sucht Leiter Jochen Schölch Poplegenden, die die Musik, den Beat oder den Klang revolutioniert haben. Bisher waren das Tom Waits, die Beatles, Neil Young und Elvis Presley. Schölch sucht dafür auch die Interpreten, deren Stimmen am besten harmonieren – immer zwei, die sich oft auch instrumental selbst begleiten können. Für den fünften Abend »The Harmony Game« fand er eine weibliche Kombi: Die Schauspielerinnen Katharina Müller-Elmau und Vanessa Eckart singen über 20 Songs von Simon & Garfunkel.
Kann man sich »The Sound of Silence« von Frauen gesungen vorstellen? Nach diesem Abend ja. Denn es klingt wundervoll. Langsam kommen die beiden damit auf die Bühne, die Stimmen harmonieren, der Rhythmus passt, die melancholische Magie des Songs verzaubert sofort. Katharina Müller-Elmau, seit ihren Jahren am Residenztheater auch als Rockmusikerin ausgewiesen, begleitet die Zweistimmigkeit mit drei wechselnden Gitarren. Sie singen frühe und weniger bekannteLieder und natürlich die weltberühmten Erfolge: »Like a Bridge over Troubled Water« oder »I am a Rock, I am an Island«. »Mrs. Robinson« war nach dem Film »Die Reifeprüfung« 1968 der endgültige Durchbruch des Duos, das seit 1957 zusammenarbeitete. Allerdings in einer On-off-Beziehung mit oft jahrelangen Trennungen. Harmonie herrschte zwischen ihnen nur musikalisch: Paul Simon schrieb die Songs, Art Garfunkel sang die erste Stimme. Ihre große Zeit hatten sie in den 70er Jahren. Das Auf und Ab dieser menschlich unharmonischen Beziehung (die beiden sind bis heute verfeindet) erzählen Eckart und Müller-Elmau locker in den biografischen Einsprengseln, die zum Regiekonzept gehören. Und ihre zwei Frauenstimmen vermitteln verblüffend den Spirit der Musik. Leider wird »The Harmony Game« erst wieder in der nächsten Spielzeit zu hören sein. ||
THE HARMONY GAME
Metropoltheater | Floriansmühlstr. 5 | Spielzeit 2022/2023
Tickets: 089 32195533
Weitere Theaterkritiken finden Sie in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
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