Das Fastfood Theater feiert 30. Geburtstag, mit Impro, Gästen und Visionen. Im dritten Coronajahr. Wie geht es also weiter?
Fastfood Theater
Hoch die Rüssel!
Blöde Frage, eigentlich, weil es genau darum geht. Ums Weitermachen, wenn mal wieder der Weg mit Hindernissen zugerümpelt wurde. »Wir sind es schon gewohnt, dass alle fünf Jahre im Schnitt eine Krise um die Ecke biegt«, meint Karin Krug, »unser erstes Improvisationstheaterfestival zum Beispiel, das wir 1996 in der Muffathalle veranstaltet haben. Das war riesig, mit internationalen Gästen wie Keith Johnstone, und danach waren wir eigentlich pleite. Oder unser eigenes Theaterhaus, super Sache, alles voller toller Ideen, aber dann kommt eine Finanzkrise, die Menschen wollen kein Geld mehr ausgeben und plötzlich ist der Saal leer. Als es daher hieß, alle sollten in den Lockdown, hat es keine zwei Wochen gedauert, und wir haben schon die ersten Vorstellungen und Workshops vom Wohnzimmer aus im Netz angeboten.« Das war stellenweise beinahe absurd, denn am Anfang saßen sich auf jeder Seite des Bildschirms jeweils eine Person gegenüber. Aber es gab bald auch Sessions mit 300 Teilnehmern, und damit waren die Fastfood-Termine eine Blaupause des fröhlichen Orga-Chaos, das die Pandemie und deren Bewältigung von Anfang an begleitete.
Es gibt sie also noch, die Münchner Pioniere des Improvisationtheaters, die im Februar 1992 als Experiment aus den Reihen umtriebiger Theaterwissenschaftler:innen begannen, im alten Schwabinger Heppel & Ettlich mit dem Medium der Darstellung zu spielen. Vom originalen Team sind Karin Krug und Andreas Wolf weiterhin im Boot. Jörg Schur, der kurz darauf zum Ensemble stieß, kreist ebenfalls im Fastfood-Orbit, wenn er nicht gerade in Augsburg eigene Projekte leitet. Als die Gruppe startete, hieß Comedy noch Kabarett, und die Vorstellung, ohne festen Text auf die Bühne zu steigen, trieb den meisten Schauspieler:innen Stressschweißperlen auf die Stirn. Aber Fast Food hatte Spaß daran, sich vom Publikum und von Konkurrenten herausfordern zu lassen. Die ImproMontage verstetigten sich, bald kamen Sitcoms dazu,
Theater-Battles, Meisterschaften, Auftritte im Schlachthof, Tourneen, eine eigene Improschule, die Nachfolger wie Tatwort anschob. Unternehmen ließen sich coachen, aus dem studentischen Verein wurde ein Profiteam mit eigenen Veranstaltungsreihen, Inszenierungen, Workshops, das je nach Auftragslage jubilierte oder eben improvisierte.
»Ich glaube, es gibt uns noch immer, weil es uns letztlich immer um unsere Kunst ging, nicht in erster Linie ums Geld«, erzählt Andreas Wolf weiter. »Wir haben es erlebt, dass uns andere zügig überholt haben. Aber die Überflieger sind genauso oft wieder verschwunden. Wir jedenfalls wollen spielen, uns weiterentwickeln, so kommt man auch über Durststrecken hinweg, weil am Ende die Neugier siegt«. Schön gebrüllt, Löwe! Also werden nun Papphüte aufgesetzt und Luftrüssel geblasen, denn es gibt etwas zu feiern. Fastfood begeht sein 30-Jähriges mit einer Handvoll »Rendezvous« im Schlachthof. Die Verabredungen mit Improspieler:innen, die Fastfood seit vielen Jahren begleiten, haben jeweils eigene Schwerpunkte, wobei sich für Nostalgiker der 2. April anbietet, das »Rendezvous mit dem Ursprung«, an dem die Kolleg:innen von einst sich von Newcastle bis Berlin auf die Socken machen, um sich mit dem Gründungsteam zu battlen. Und richtig rauschend wird es dann am 21. Mai zum »Rendezvous mit Torte«, der hoffentlich in aller Pracht erlaubten großen Geburtstagsfeier mit allem, was das Impro-Herz begehrt. Ein Hoch den Jubilaren nach all den wilden Jahren – dem Reim geschuldet ungegendert, aber dafür so etwas von kalauernd improvisiert! ||
RENDEZVOUS MIT…
Wirtshaus im Schlachthof | 7., 21. Mai | 20 Uhr | Tickets
Weitere Theatervorberichte und -kritiken gibt es in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
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