Was hat das Kino im Februar zu bieten? Wir haben mal einen kleinen Überblick zusammengestellt. Die kompletten Kritiken finden Sie in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
Kino im Februar 2022
Das Mädchen mit den goldenen Händen
Es ist das Jahr 1999, kurz vor dem Jahrtausendwechsel. Gudrun (Corinna Harfouch) feiert ihren 60. Geburtstag in einem traumhaft verlorenen, ruinösen, einst herrschaftlichen Gebäude, das sie liebevoll geschmückt hat: Es ist das Kinderheim des kleinen ostdeutschen Städtchens, in dem sie aufgewachsen ist und das der Bürgermeister (Jörg Schüttauf) hinter ihrem Rücken an einen Investor verkauft hat. Dieser drohende Verlust des Gebäudes, das sie zwingend mit ihrer Identität verknüpft, wirft Gudrun nicht nur vom Rad, sondern regelrecht aus der Bahn. […] Katharina Schubert, Theaterfrau durch und durch, erzählt in ihrem Spielfilmdebüt eine Geschichte, die viele Erzählstränge traumwandlerisch über dünnes Eis manövriert. Manchmal drohen sie einzubrechen, manchmal hört man schon, wie es knirscht und kracht, aber wundersamerweise bleibt alles in der Schwebe und nichts geht verloren, zwischen Ost und West, Vergangenheit und Zukunft, Freiheit, Rebellion, Nähe und Distanz. (Christiane Pfau)
DAS MÄDCHEN MIT DEN GOLDENEN HÄNDEN
Deutschland, 2021 | Regie: Katharina Marie Schubert | Mit: Corinna Harfouch, Birte Schnöink, Peter René Lüdicke, Jörg Schüttauf, Stephan Bissmeier u.a. | Musik: Marvin Miller
107 Minuten | Kinostart: 17. Februar
King Richard
Klingt wie ein Sozialexperiment und ist doch Anfang der 1980er-Jahre genau so passiert: Ein Vater sieht im Fernsehen, wie viel Preisgeld die Gewinnerin eines Tennisturniers bekommt, und schreibt vor der Geburt seiner beiden Töchter einen Businessplan, um sie zu den besten Tennisspielerinnen der Welt zu machen. […] Doch je länger dieses Planspiel fortschreitet, desto weniger wird man das Gefühl los, dass hier ein kaputtes System gefeiert wird. Denn hätte King Richard Recht, müsste dann nicht auch der Umkehrschluss gelten? Hätten nur alle Afroamerikaner genug Disziplin, hätten die USA kein Armuts- und kein Kriminalitätsproblem. Diesen Widerspruch hinterfragt der Film freilich nicht. (Sofia Glasl)
KING RICHARD
USA, 2021 | Regie: Reinaldo Marcus Green | Mit: Will Smith, Saniyya Sidney, Demi Singleton, Jon Bernthal | 145 Minuten
Kinostart: 24. Februar
Belfast
Verglichen mit seinen aufwendigen Blockbusterproduktionen der letzten Jahre (»Mord im Orientexpress«, »Cinderella«, »Artemis Fowl«) inszeniert Branagh hier eine eher stille, persönliche Geschichte. Zugleich ist der Film eine hinreißende Hommage an seine Heimatstadt und ihre Menschen. […] Branagh geht es nicht um die großen politischen Zusammenhänge des Nordirlandkonflikts. Die sind nur wenige Male im Hintergrund in den Fernsehnachrichten zu vernehmen. Er interessiert sich für die Perspektive eines Kindes, dessen Welt jäh auseinanderzubrechen droht. (Tobias Obermeier)
BELFAST
UK, 2021 | Regie: Kenneth Branagh | Mit: Jude Hill, Caitriona Balfe, Jamie Dornan, Judi Dench u.a. | 99 Minuten | Kinostart: 24. Februar
Der Mann, der seine Haut verkaufte
Besonders neu ist die Faszination, die menschlicher Haut als Werkstoff und Bildträger innewohnt, also nicht. Aber so schwebend, virtuos, raffiniert und elegant, wie die tunesische Regisseurin Kaouther Ben Hania es in ihrem Film zelebriert, hat noch niemand von einer »Physical Sculpture« erzählt, die zum Ausgangspunkt für viele Fragen wird […] Die Freiheit der Kunst und der Liebe, eingehüllt in Bilder, die an den gerade verstorbenen Jean-Jacques Beineix und dessen »Diva« erinnern, wird hier preiswürdig gefeiert. Man muss dem Film, der als bester internationaler und erster tunesischer Film für den Oscar nominiert ist, die Daumen drücken. (Christiane Pfau)
DER MANN, DER SEINE HAUT VERKAUFTE
Tunesien, Frankreich, Belgien, Deutschland, Schweden 2020 | Regie, Drehbuch: Kaouther Ben Hania | Mit Yahya Mahaybi, Dea Liane, Monica Bellucci, Koen de Bouw, Wim Delvoye u.a. | 104 Minuten | Filmstart: 24. Februar
The Card Counter
Mit einnehmender Erzähldisziplin, sinnlich-cooler Musikgestaltung und einer Reihe kurzer, aber einprägsamer Goya-meets-Bosch-Höllenvisionen im verzerrten VR-Stil ist dem New-Hollywood-Altmeister Paul Schrader zum dritten Mal in Folge ein würdiger Abschlussfilm seiner schillernden Karriere gelungen, der zweifelsfrei aufhorchen lässt und zu den Höhepunkten dieses Kinojahres zählt. Denn die Welten des Sehnens und Suchens, der Süchte wie der Strenge werden derzeit in kaum einem anderen Spätwerk eines betont cinephilen Filmemachers großartiger zur Geltung gebracht. (Simon Hauck)
THE CARD COUNTER
USA, 2021 | Regie: Paul Schrader | Mit: Oscar Isaac, Willem Dafoe u.a. | 112 Minuten | Kinostart: 3. März
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