Das Münchener Kammerorchester blickt weiter über die Grenzen zu den Nachbarn der Musik.

Münchener Kammerorchester: Die Saison 2021/22

Die Sicht der anderen

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Clemens Schuldt, Chefdirigent und Vordenker beim Münchener Kammerorchester | © Marco Borggreve

Zunächst wirkt dieses Motto ja ein bisschen spießig: »Nachbarn«, so überschreibt das famose Münchener Kammerorchester nun schon seine zweite Saison in Folge. Die Nachbarschaft also, eine so schwierige wie praktische Zwangsnähe. Doch musikalisch liegen hinter den benachbarten Fenstern doch ein paar spannende Fundstücke. Das Thema wurde schon gefunden, als man von Corona und den Auswirkungen noch nichts ahnen konnte. Dass man seine Nachbarschaft so intensiv wahrnehmen würde wie in der Pandemie, verleiht dem Motto nun eine besondere Tragik oder aber Perspektive. Die »Sichtweise auf unsere nächste Umgebung, in der wir notgedrungen so viel Zeit verbrachten, ist eine andere geworden«, schreibt Chefdirigent Clemens Schuldt in der Saisonbroschüre. Jetzt beginnt also die zweite Nachbarschaftsauflage – hoffentlich ohne neuerlichen Lockdown und mit Nachholmöglichkeit einiger der Programme, die den Pandemie-Schließungen zum Opfer fielen.

Acht Abonnementkonzerte gibt es in dieser Saison, die das Thema Nachbarschaft auf ganz unterschiedliche Weise beleuchten. Eine erste Linie baut auf das Verständnis der Musik als soziales Element. Dies bildet man mit E-Musik ab, die aber auf Elemente der Volksmusik zurückgreift. Im ersten Konzert trifft so Thomas Adès’ »Shanty – Over The Sea« auf Beethovens erste Symphonie (14. Oktober 2021). Wolfgang Rihms »Ländler« erklingt neben dem Adagio aus Bruckners F-Dur-Streichquintett und Zemlinskys »Waldgespräch« (17. März 2022). Den Abschluss der Aboreihe bildet Fabio Nieders »Vielleicht weiß es die Nachtigall«, ein zeitgenössisches Stück für Sopran und Kammerorchester über ein slowakisches Volkslied neben Schumanns Cellokonzert (mit Kian Soltani) und Beethovens vierter Symphonie (23. Juni 2022).

Einen weiteren thematischen Assoziationsraum baut dieses Orchester, das einen so großen Spaß an solch unterschwelligen Verknüpfungen der verschiedenen Epochen hat, überdie Kunst der Serenaden. Diese Nachtstücke schrieben Komponisten verschiedenster Epochen. Einen Fokus legt das MKO auf Bela Bartók und Bruno Maderna. Dessen Serenata No. 6 trifft am 27. Januar auf Bartóks »Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta«. Dazu spielen Vilde Frang und Lawrence Power Brittens Doppelkonzert für Violine und Viola. Ganz klar gilt es auch die musikhistorischen Nachbarschaften zu erkunden: Wer lebte da neben welchem berühmten Komponisten im Schatten, was gibt es da heute zu entdecken? Etwa gleich im ersten Konzert zur Eröffnung die Ouvertüre zur Oper »Die Königin der schwarzen Inseln« des Mozart-Schülers Anton Eberl. Keine Sorge, wenn man das nicht kennt – das ist seit 200 Jahren nicht mehr erklungen. Hinzu kommen die MKO-Klassiker wie die Komponistenporträts als »Nachtmusik der Moderne« (endlich eine Ausgabe für Sofia Gubaidulina, neben einer für Fausto Romitelli und Bryce Dessner) oder spannende Uraufführungen: Ein Konzert für Violine und Orchester der 1985 geborenen Schwedin Lisa Streich (28. April 2022), gespielt von Carolin Widmann. ||

MÜNCHENER KAMMERORCHESTER, SAISON 2021/22
Prinzregententheater | 14. Oktober 2021 bis 23. Juni 2022 | 20 Uhr
Tickets: 089 5481 8181

Mehr zur klassischen Musik in München gibt es in der kompletten Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.

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