Aus Leinwandslapstick wird Oratorium: »Das Leben des Brian« im Gärtnerplatztheater.
»Das Leben des Brian« am Gärtnerplatztheater
Jeder nur ein Kreuz
Wer den Film von 1979 kennt, kann sich eigentlich nicht vorstellen, wie aus der höchst albernen Sandalenschinken-Parodie »The Life of Brian« ein Musical werden könnte. Aber was Eric Idle und John Du Prez als »Komisches Oratorium« Jahrzehnte später komponierten und jetzt seine Erstaufführung auf Deutsch (von Thomas Pigor) im Gärtnerplatztheater erlebte, ist auch viel subtil witziger, nämlich raffinierte Parodie auf das klassischromantische Oratorium im Allgemeinen und Händels »The Messiah« im Besonderen. Deshalb gibt es vierstimmigen Chor und vier Solisten von Sopran bis Bass (Julia Sturzlbaum, Anna Agathonos, Maximilian Mayer und Alexander Graussauer) plus »Evangelist« (Erwin Windegger) in Abendgarderobe. Nur gelegentlich greifen sie zu Accessoires wie Schal oder Römerhelm mit großem roten Federbusch. Zwar gibt es ein steppendes Schaf, einen fränkelnden Wikinger mit Flügelhelm und wallendem Bart und – exakt wie im Film – einen wüst lispelnden Cäsar (alle drei: Peter Neustifter), der von Maske und Kostüm (Caroline Czaloun-Moore) »Ben Hur«-mäßig ausgestattet wurde. Aber der eigentliche Witz liegt in Text und Musik.
Wie da immer wieder ein vom Synthesizer generiertes Cembalo so tut, als ginge es um E-Musik, und auch der Chor unter Howard Arman – im Hauptberuf Leiter des BR-Chors! – krampfhaft versucht, nicht permanent den klassischen Gesang zum Gespött zu machen, aber dabei immer wieder lustvoll ausrutscht und plötzlich kollektiv Hüfte und allerlei Extremitäten zum Schwingen bringt, das ist in der Regie von Nicole Claudia Weber wirklich rasend komisch. Ebenso ein sich zum Orgasmus steigerndes Beischlaf-Duett zwischen Sopran und Tenor. Das Premierenpublikum wurde immer aufgekratzter, bis es zum legendären Kreuzigungs-Schlussgesang »Always Look On The Bright Side Of Life« nicht nur begeistert mitschunkelte, sondern auch mitsang und mitklatschte. Zum Schlussakkord riss es dann alle von den Sitzen und – Standing Ovations! Und mit ein wenig Abstand wieder zu erleben. Die nächsten Aufführungen gibt es im Frühjahr 2022. ||
MONTY PYTHON’S DAS LEBEN DES BRIAN
Gärtnerplatztheater | 13. März, 4., 30. April 2022 | 20 Uhr | Tickets: 089 4482794
Mehr zu Konzerten und Musiktheater in München finden Sie in der kompletten Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
Das könnte Sie auch interessieren:
Metropoltheater: Das 25. Jubiläum
Münchener Biennale 2022: Good Friends
Sophie Hunger: Am 7. Dezember in Muffathalle
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton